Das, was Peter Pilz am Dienstag präsentiert hat, hat inhaltlich Hand und Fuß. Köpfe gibt es auch: Vier Kandidaten, zwei Frauen und zwei Männer, haben an seiner Seite Platz genommen, sie stehen für die Bereiche Frauen, Verbraucherschutz, Integration, Bildung und Tierschutz. Sie kommen aus der Zivilgesellschaft und haben sich in Initiativen wie dem Frauenvolksbegehren oder der Flüchtlingsbetreuung engagiert, einer kommt aus der SPÖ, einer aus dem Konsumentenschutz. Die Themen sind breit gefächert und sollen noch breiter gefasst werden. Pilz ist ein Profi im Umgang mit der Öffentlichkeit, er wird Kandidaten und Schwerpunkte häppchenweise servieren.

Da Pilz nicht dazu neigt, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, wird die Liste seinen Namen tragen. Er ist das Zugpferd, dennoch muss er darauf achten, seine Initiative auch personell interessant aufzustellen. Wie die Grünen nur allzu gut wissen und auch schmerzhaft erfahren haben, ist eine Zusammenarbeit mit Pilz nicht einfach. Er hat sein bisheriges politisches Engagement als One-Man-Show angelegt, das war zugleich sein Manko, aber auch sein Erfolgsrezept.

In der ersten Runde hat Pilz bewusst darauf verzichtet, Mitstreiter aus den Reihen der Grünen zu präsentieren. Da werden sich noch einige an seine Seite stellen, aber Pilz will weder eine neue grüne Partei noch überhaupt eine Partei sein. Seine Kandidatur soll ein Angebot an jene Menschen sein, die von der Politik und ihrer bisherigen Darstellung genug haben. Das Potenzial an Menschen, die enttäuscht sind und entweder gar nicht mehr gewählt oder bewusst dem Protest ihre Stimme gegeben haben, ist groß. Wenn es Pilz gelingt, diesen Menschen ein glaubhaftes Angebot zu vermitteln, sollte er den Einzug ins Parlament schaffen.

Klar ist, dass Pilz damit erst einmal die Grünen weiter schwächen wird. Viele, die sich von den Grünen in den letzten Monaten aufgrund der anhaltenden Turbulenzen, Intrigen und Streitereien entnervt abgewandt haben, könnten bei Pilz zumindest vorübergehend eine neue Heimat finden. Auch die SPÖ wird Pilz Stimmen kosten. Möglicherweise nicht viele, aber im Wettstreit mit der ÖVP von Sebastian Kurz könnte auch der kleinste Aderlass Richtung Pilz schmerzhaft bis entscheidend sein. Zumal Kurz selbst Pilz am wenigsten fürchten muss.

Das Buhlen um freiheitliche Stimmen ist für Pilz ein schmaler und gefährlicher Grat. Einerseits mag es unter jenen, die die FPÖ nur als Ausdruck ihres Protests gegen die da oben, gegen ein nicht näher greifbares, aber als ungerecht empfundenes System gewählt haben, tatsächlich welche geben, die auch für die Pilz'sche Variante des Fäusteschüttelns ansprechbar sind. Wenn Pilz sich allerdings darauf einlässt, jener diffusen Angst vor Ausländern, die bei freiheitlichen Wählern einen erheblichen Anteil ihrer Systemkritik ausmacht, Stoff zu geben, büßt er bei seinen bisherigen Wählern, und die sind im linken Segment zu finden, massiv an Glaubwürdigkeit ein.

Pilz hat jedenfalls Chancen auf ein respektables Abschneiden. Es liegt an ihm und seinem politischen Geschick, weniger an seinen Mitstreitern. Bei allem Respekt vor deren Kompetenz sind sie nur das schmückende Beiwerk auf der Liste und können mehr falsch als richtig machen. So erfrischend ihr Engagement und Idealismus sein mögen, sind politische Neulinge in den Mühlen der medialen Vermarktung fehleranfälliger als alte Hasen wie Pilz. (Michael Völker, 25.7.2017)