Brüssel – Die EU-Kommission hat Italien in der Flüchtlingskrise mehr Hilfe und bis zu 100 Millionen Euro zusätzlich angeboten. Dies geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Brief von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an den italienischen Regierungschef Paolo Gentiloni hervor. Zuvor hatte Italien seinen Widerstand gegen die Verlängerung der Operation "Sophia" vor der libyschen Küste aufgegeben.

Dort kann die EU also mindestens bis Ende 2018 weiter Flüchtlinge aus Seenot retten. Italien hatte sich zuletzt quer gestellt. Denn die bei "Sophia" geretteten Migranten werden in italienische Häfen gebracht, und das Land fühlt sich in der Flüchtlingskrise allein gelassen. Noch am Dienstag griff Juncker dies in seinem Schreiben an Gentiloni auf und versicherte dem Ministerpräsidenten, die EU stehe Italien zur Seite und sei für Rom jederzeit ansprechbar. Man sei zu Hilfe bereit, sofern die italienische Regierung dies für sinnvoll halte.

Obergrenze 100 Millionen Euro

Die zusätzlichen Mittel von bis zu 100 Millionen Euro könnten zur Beschleunigung von Asylverfahren und zur Flüchtlingshilfe vor Ort eingesetzt werden, hieß es. Zudem verspricht die EU, die Verteilung von Ankömmlingen in andere EU-Länder sowie die Rückführung abgelehnter Asylbewerber zu beschleunigen.

"Als vorrangige Angelegenheit werden wir in den nächsten Tagen mit der Überarbeitung des Operationsplans beginnen, um die neuen Aufgaben, wie beispielsweise den Mechanismus für die Überwachung der Tätigkeiten der libyschen Küstenwache und Marine nach der Ausbildung, miteinzubeziehen und um die Wirksamkeit der Mission und die geteilte Verantwortung unter den EU-Staaten zu stärken", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel.

Umsetzung des Waffenembargos

Die Operation nimmt zwei unterstützende Aufgaben wahr: die Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine sowie einen Beitrag zur Umsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen auf hoher See vor der Küste Libyens im Einklang mit den Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats.

Neben der Verlängerung wurde die Operation geändert. Die drei neuen Punkte sind: die Einrichtung eines Beobachtungsmechanismus' für ausgebildete Personen, um die langfristige Effizienz der Ausbildung der libyschen Küstenwache sicherzustellen; die Durchführung neuer Überwachungstätigkeiten und das Sammeln von Informationen über illegale Ölexporte aus Libyen sowie mehr Möglichkeiten für den Austausch von Informationen über Menschenhandel zwischen den Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten, der EU-Grenzschutzagentur Frontex und der europäischen Polizeibehörde Europol.

90 Prozent kommen über Libyen

Die italienische Regierung hatte zuletzt die Verlängerung von Sophia" blockiert, weil Rom mehr Unterstützung aus der EU bei der Versorgung von Bootsflüchtlingen verlangte. Heuer kamen bereits fast 90.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer in Italien an – rund ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Rund 90 Prozent kommen dabei über Libyen. Italien sieht sich inzwischen an der Grenze seiner Aufnahmefähigkeit und verlangt unter anderem die Öffnung von Häfen anderer EU-Staaten für Flüchtlingsboote. Dies lehnen die anderen EU-Regierungen bisher aber ab.

In der Flüchtlingskrise geht "Sophia" seit Juni 2015 gegen Schlepper vor. Die sechs EU-Schiffe dürfen dabei auf hoher See verdächtige Boote stoppen, durchsuchen und beschlagnahmen. Zudem retten sie Flüchtlinge aus Seenot. Seit dem vergangenen Jahr geht die Marine-Mission auch gegen Waffenschmuggel vor und bildet Personal für die libysche Küstenwache aus. Das österreichische Bundesheer beteiligt sich mit rund acht Stabsoffizieren an "Sophia". Insgesamt beteiligen 25 der 28 EU-Staaten an dem Einsatz. (APA, 25.7.2017)