Rom – Auch Italiens stellvertretender Außenminister Mario Giro kritisiert Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wegen dessen Forderung, illegal über das Mittelmeer in Italien eingetroffene Migranten nicht mehr von den Inseln auf das Festland zu lassen. "Italien wird keine KZs errichten. Europa darf sich keinen Illusionen hingeben: Italien identifiziert alle Flüchtlinge, nimmt aber niemanden fest", sagte Giro.

"Maske ist gefallen"

"Die Maske ist gefallen. Viele EU-Partner wollen aus Italien einen großen südeuropäischen Hotspot machen, wie es bereits die Türkei im Osten geworden ist. Das ist eine für Italien unannehmbare Forderung", sagte Giro.

Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) wies die Wortwahl zurück. Kurz "als Neonazi zu bezeichnen und ihm die Errichtung eines KZs vorzuwerfen ist nicht tolerierbar", erklärte Kopf am Freitag und gab sich "erschüttert".

Treffen mit Seenotrettern

Italiens Innenministerium hat für kommende Woche ein Treffen mit Hilfsorganisationen angesetzt, die im Mittelmeer Migranten retten. Das Treffen soll Dienstagnachmittag in Rom stattfinden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen deutscher NGOs.

Die italienische Regierung erarbeitet derzeit einen Verhaltenskodex für die Organisationen, der als Grundlage für die Rettungseinsätze vor der libyschen Küste dienen soll. Innenminister Marco Minniti hatte angekündigt, diesen in Absprache mit den privaten Seenotrettern zu entwickeln.

Kritik der NGOs

Der Vorstoß der Regierung in Rom war auf Kritik der Hilfsorganisationen gestoßen. "Seit dem ersten Einsatztag hält sich unsere NGO an die offiziellen, gesetzlichen Vorschriften", hieß es etwa von Jugend Rettet. Der Regelkatalog sei ein weiterer Schritt, die Arbeit der Organisationen zu kriminalisieren.

Auch SOS Mediterranee hatte kritisiert, ein solcher Kodex diene der Stimmungsmache. Ärzte ohne Grenzen hatte betont, die Organisationen arbeiteten bereits mit den Behörden zusammen und hielten sich an das internationale Seerecht.

Freiwilliger Verhaltenskodex

Die Hilfsorganisationen machten darauf aufmerksam, dass sie im Februar einen freiwilligen Verhaltenskodex veröffentlicht haben, der sich an weltweit anerkannten Standards zur Seenotrettung und am internationalen Seerecht orientiere.

Der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, hatte der "Passauer Neuen Presse" gesagt, er befürworte einen Verhaltenskodex. Im Unterschied zu früher fänden mittlerweile die meisten Rettungsaktionen sehr nahe an den libyschen Hoheitsgewässern statt, erklärte Leggeri. (APA, 21.7.2017)