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EZB-Chef Mario Draghi mahnt zur Geduld bei seiner lockeren Geldpolitik.

Foto: Reuters / Ints Kalnins

Der Druck wächst, Europas Währungshüter lassen sich aber nicht unter Druck setzen. Einen weiteren Hinweis, wann die EZB den Geldhahn wieder zudrehen wird, gibt es zunächst nicht.

Die Europäische Zentralbank lässt sich mit dem Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik weiterhin Zeit. Zunächst halten die Währungshüter unverändert Kurs – ungeachtet drängender Forderungen nach einem Ende der Geldflut.

Strafzinsen bleiben

Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Parken Geschäftsbanken Geld bei der Notenbank, kostet sie das weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen. Zudem steckt die EZB noch bis mindestens Ende Dezember 2017 Monat für Monat 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen.

Diesen Kurs bekräftigte der EZB-Rat am Donnerstag. Die Währungshüter lassen sich auch weiterhin die Option offen, das Kaufprogramm bei Bedarf auszuweiten.

Draghi betont "Ausdauer"

Beobachter hofften, dass Notenbank-Präsident Mario Draghi am Nachmittag zumindest Andeutungen zu einem Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik machen würde. Anfang Juni hatte die EZB erste vorsichtige Hinweise gegeben: Die Wachstumsrisiken für den Euroraum seien "weitgehend ausgeglichen" statt "abwärtsgerichtet", erklärte Draghi vor sechs Wochen. Zudem strich die EZB die Passage zu möglichen weiteren Zinssenkungen.

Ende Juni hatte Draghi von einer "graduellen Anpassung" der EZB-Politik gesprochen, zugleich jedoch betont: "Anpassungen müssen schrittweise gemacht werden – und nur, sofern die verbesserte (wirtschaftliche) Dynamik, die sie rechtfertigt, hinreichend sicher ist." Draghi bekräftigte zugleich: "Wir brauchen Ausdauer in unserer Geldpolitik."

Gegenstimmen im EZB-Rat

Mit viel billigem Geld versucht die EZB seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und zugleich die Teuerung anzuheizen. Angestrebt wird Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent – weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben – das würde die Konjunktur abwürgen.

Weil die Zeiten einer Inflationsrate nahe null vorerst vorbei sind und die Konjunktur im Euroraum wieder besser läuft, wächst der Druck auf die Währungshüter, ihren Anti-Krisen-Kurs zu beenden. "Die andauernde Wirtschaftserholung öffnet nun die Perspektive für eine geldpolitische Normalisierung", sagte kürzlich auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der im EZB-Rat über die Geldpolitik mitentscheidet. "Dabei geht es nicht um eine Vollbremsung (...), sondern darum, den Fuß etwas vom Gas zu nehmen."

Reduktion der Anleihekäufe erst 2019 erwartet

Konkrete Schritte erwarten Ökonomen frühestens in der September-Sitzung des EZB-Rats. Dann liegen den Währungshütern die neuesten Prognosen der Notenbank zur Entwicklung der Konjunktur und der Teuerungsrate im Euroraum vor. Für das laufende Jahr rechnet die EZB im gemeinsamen Währungsraum bisher mit 1,5 Prozent Teuerung.

Volkswirte erwarten, dass die EZB schrittweise erst das Anleihenkaufprogramm ("Quantitative Easing") zurückfahren wird und dann – womöglich erst 2019 – die Zinsen allmählich anheben wird.

Vor allem aus wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland wurde die Kritik am EZB-Kurs zuletzt wieder lauter. Sparer bekommen kaum noch Zinsen, Banken tun sich mit dem Geldverdienen schwer. Allerdings profitieren auf der anderen Seite Kreditnehmer von günstigen Konditionen – zum Beispiel beim Kauf von Häusern und Wohnungen. (APA, 20.7.2017)