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US-Präsident Trump lässt sich in Michigan selbstfahrende Autos zeigen. Neben ihm geht unter anderem Mary Barra, Geschäftsführerin von General Motors. Die US-Autobauer lehnen Stahlzölle ab. Sie warnen vor Jobverlusten in den US-Produktionsstätten.

Foto: Reuters/Reuters / Jonathan Ernst

Wien/Washington – Die US-Handelspolitik erinnert derzeit an einen Westernfilm, in dem zwei Cowboys vor dem Saloon stehen und sich schweigend anblicken. Beide haben die Hand am Pistolengriff. Jener Revolverheld, der den Streit begann und jetzt nicht mehr weiß, ob er wirklich losfeuern soll, sind die USA. Der Gegner könnte die EU, aber auch China oder Japan sein.

US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, der US-Industrie wieder auf die Beine helfen zu wollen. Im April beauftragte er seinen Handelsminister zu prüfen, ob die USA Stahlimporte nicht unter Verweis auf die nationale Sicherheit mit hohen Strafzöllen belegen könnten. Solche Maßnahmen würden China und EU-Länder wie Deutschland, Südkorea, Japan sowie die Türkei treffen.

Handfeste Wirtschaftsinteressen

Die EU hat bereits Gegenmaßnahmen ausgearbeitet. Die Kommission will mit Nadelstichen dagegenhalten und erwägt zum Beispiel den Import von Bourbon Whiskey begrenzen.

Doch innerhalb der US-Administration gibt es Streit darüber, ob man den Stahlkonflikt wirklich vom Zaun brechen soll. Das hat weniger mit ideologischen Fragen denn mit handfesten Wirtschaftsinteressen tun. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass hinter den Kulissen ein Kampf zwischen Industrielobbyisten verschiedener Branchen tobt. Auf der einen Seite steht die US-Stahlindustrie. Sie würde davon profitieren, wenn ausländische Mitwebwerber höhere Zölle zahlen. Der größte US-Produzent, US-Steel, meint etwa in einer Stellungnahme: "Zu lange haben China und andere Nationen wirtschaftliche Kriegsführung gegen die amerikanische Stahlindustrie betrieben."

Auch der Chef des indisch-luxemburgischen Stahlriesen Arcelor Mittal in den USA, John Brett, äußerte sich positiv über Trumps Pläne. Arcelor Mittal ist nach eigenen Angaben der größte Zulieferer der US-Armee. Das Unternehmen verfügt über zahlreiche Werke in den Vereinigten Staaten, dürfte also die Zölle selbst nicht spüren. Daneben unterstützen auch mehrere Gewerkschaften die Pläne des Präsidenten.

Auf der Gegenseite versucht die Automobilindustrie, einen Stahlkonflikt zu verhindern. Die Branche attackiert Trump auf seiner Achillesferse: Der US-Präsident verspricht, Industriejobs ins Land zurückzuholen. Rund 150.000 Menschen sind in der US-Stahlbranche beschäftigt. 10.000 könnten nach Schätzungen dazukommen, wenn billige ausländische Importe durch inländische Produktion ersetzt werden. Doch der American Automotive Policy Council, der die Interessen von Ford, General Motors und Fiat-Chrysler vertritt, warnt, dass Stahlzölle Autos teuer machen würden. Die Konsumenten könnten sich weniger Pkws leisten – in der Folge würden Jobs in der Autoproduktion verlorengehen.

Widerspruch der Ölindustrie

Als weitere wichtige Gruppe kämpft die Erdöl- und Erdgasindustrie gegen Handelsbeschränkungen. Stahl wird vielfach in der Öl- und Gasförderung genutzt, der Industriezweig fürchtet wie die Autobauer teurere Rohstoffe.

In einem Schreiben an das Handelsministerium in Washington warnen die Vertreter von Großkonzernen wie Shell und Exxon Mobil eindringlich vor Stahlzöllen. Auch aus der Baubranche kommen Bedenken und die Warnung vor Jobverlusten. Geht es nach der Zahl der Arbeitnehmer und der Wirtschaftskraft, sind die Gegner der protektionistischen Maßnahmen in der Überzahl. Damit zeigt sich, dass handelsbeschränkende Maßnahmen in der Praxis zwar leicht angekündigt, aber weniger leicht umgesetzt werden können. Wie Reuters berichtet, hat die US-Administration wegen der Widerstände eine Entscheidung über die Stahlzölle mehrmals nach hinten verschoben. Wenn es um nationale Sicherheit geht, braucht Trump das Einverständnis des Kongresses nicht. Seine Unterschrift würde reichen, um Strafzölle einzuführen. (szi, 18.7.2017)