Wien – In jener fernen Zeit, da vom Modern Jazz noch nicht wirklich die Rede sein konnte, wurde von "Battles" gesprochen, so zwei Könner – mit identem Instrumentarium – die Sessionbühne betraten. Es galt zu zeigen, was man dem anderen voraushatte. Der Italiener Enrico Rava (Jahrgang 1939) und der Pole Tomasz Stanko (Jahrgang 1942) haben solch Herumgockeln an sich nicht nötig.

Schließlich hat sich Trompeter Stanko zu seinem 75er explizit gewünscht, mit Rava, der das Flügelhorn bevorzugt, ein paar Gigs zu absolvieren. Respekt und Achtsamkeit für die spontanen Ideen des jeweils anderen sind denn auch zu spüren: Es wird im Quintett geplaudert, der Gedankenaustausch ist elegant, das Ausdrucksrepertoire subtil. Es beinhaltet rasante Linien, sehr human klingende Dekonstruktionen von Phrasen und auch sehr lyrische Eloquenz.

Ergab sich da und dort eine kleine intonatorische Unpässlichkeit, wurde sie smart zum Teil der instrumental erzählten Geschichte umgedeutet. Hier sind schließlich zwei inspirierte Routiniers der Improvisation zugange, die einige Epochen der Jazzgeschichte durchlebt, verarbeitet und deren Elemente zu einem individuellen Stil geformt haben.

Was aber beim Meistertreffen evident wird: Es lassen sich die Qualitäten der beiden offenbar nicht automatisch zu etwas Unerhörtem summieren – zumal noble Zurückhaltung zu dominieren scheint. Unüberhörbar jedenfalls, wie Enrico Rava in jenem Augenblick loslegt, da ihn Stanko für eine Nummer die Bühne überlässt. Zwischen Lyrik und Dramatik war da alles in noch impulsiverer Form als zuvor zu hören. Stanko schien das allerdings zu motivieren. Kaum zurück, wirkte sein Ton glanzvoller, hatte mehr Unmittelbarkeit und Kompaktheit, und so kam plötzlich noch mehr Leben in die Jazzbude. Sehr interessant. (Ljubisa Tosic, 17.7.2017)