Istanbul/Ankara- Kurz vor dem ersten Jahrestag des Putschversuchs sind in der Türkei tausende weitere Staatsbedienstete entlassen worden. Betroffen seien insgesamt 7.563 Polizisten, Soldaten und Mitarbeiter von Ministerien, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf ein am Freitag veröffentlichtes Dekret.

Die Zeitung "Hürriyet" berichtete von allein 2.300 entlassenen Polizisten. Den Betroffenen werden Verbindungen zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen.

Große Härte

Die türkische Regierung geht seit dem gescheiterten Militärputsch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan vor einem Jahr mit großer Härte gegen ihre Gegner vor. Bisher wurden etwa 50.000 Menschen festgenommen, weitere 100.000 wurden aus dem Staatsdienst entlassen oder suspendiert, darunter Lehrer, Richter, Soldaten und Polizisten.

Betroffen sind vor allem mutmaßliche Anhänger Gülens, dessen Bewegung von der Regierung in Ankara für den Putschversuch verantwortlich gemacht wird. Aber auch kurdische Aktivisten, Oppositionsanhänger und Regierungskritiker wurden entlassen.

Hakan Sükür wurden Medaillen entzogen

Unter den Entlassenen ist auch ein ehemaliger Gouverneur von Istanbul. Dem früheren Fußballstar Hakan Sükür wurden alle Siegesmedaillen entzogen. Nach seiner Karriere als Fußballer ging er als Abgeordneter der regierenden AKP in die Politik. Wegen seiner Verbindungen zu Gülen fiel er jedoch in Ungnade. Inzwischen wird er per Haftbefehl gesucht und soll in den USA im Exil leben.

Der ebenfalls im US-Exil lebende Geistliche Gülen wies erneut jede Verantwortung für den Umsturzversuch zurück. Er verurteilte den Putsch als "verabscheuungswürdig", warf aber gleichzeitig den Behörden eine "Hexenjagd" auf alle Kritiker Erdogans "und seines Regimes" vor.

"Hunderttausende unschuldige Türken werden bestraft, weil die Regierung entscheidet, dass sie irgendwie mit mir 'verbunden' sind," erklärte Gülen weiter. Er forderte eine unabhängige internationale Untersuchung des gescheiterten Militärputsches vom 15. Juli 2016, bei dem 249 Menschen getötet wurden.

Denkmal für Opfer

Mit einer Reihe von Gedenkfeiern und Kundgebungen begeht die Türkei am Samstag den ersten Jahrestag des gescheiterten Militärputsches. Unter anderem weiht Erdogan in der Nacht an einer Bosporus-Brücke in Istanbul ein Denkmal für die 249 Opfer des Putschversuchs ein. Kurz nach Mitternacht sind die Türken zudem aufgerufen, zu "Demokratiewachen" auf die Straße zu kommen.

Am Abend des 15. Juli 2016 hatte eine Gruppe Militärs versucht, die Macht in der Türkei an sich zu reißen. Sie besetzten Straßen und Brücken und bombardierten das Parlament und den Präsidentenpalast, doch scheiterte der Umsturzversuch am Widerstand der Bevölkerung. (APA, AFP, 15.7.2017)