Viele Menschen, die sich an die Gesundheitshotline 1450 wenden, müssten zur Ersteinschätzung ihrer Symptome nicht in die Spitalsambulanz. Das zeigte ein STANDARD-Rundruf nach drei Monaten Betrieb.

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Bregenz / St. Pölten / Wien – Die Erwartungen sind hoch: Die Gesundheitshotline soll dazu beitragen, dass in Zukunft weniger Menschen Spitalsambulanzen aufsuchen. Seit drei Monaten ist unter der Nummer 1450 in Niederösterreich, Vorarlberg und Wien rund um die Uhr diplomiertes Pflegepersonal erreichbar. Die Hotline-Mitarbeiter fragen Anrufer computergestützt gezielt nach deren Symptomen, um die Dringlichkeit einzuschätzen. Diagnosen stellen sie nicht. Das Personal am Hörer rät dann zu weiteren Schritten – etwa einer Terminvereinbarung beim Hausarzt – und weiß auch, welcher Arzt Dienst und welche Apotheke geöffnet hat. Notfälle werden an die Rettung weitergeleitet.

In Wien sind bis Ende Juni 7800 Anrufe eingegangen, wie Susanne Herbek, Chefärztin des Fonds Soziales Wien (FSW) und ärztliche Leiterin des Pilotprojekts in Wien, im Gespräch mit dem STANDARD sagt. Die Anrufzahlen stiegen leicht an: Von 2500 im April auf 2700 im Juni – derzeit laufe wieder eine Info-Kampagne.

Einige hundert Notfälle

Von den eingelangten Anrufen hätten sich rund 3120 zu medizinischen Beratungsgesprächen mit Dringlichkeitseinschätzung entwickelt. 460 Anrufe wurden als Notfall an die Rettung weitergeleitet. Die meisten Anrufe verzeichnet man in Wien zwischen sieben und 19 Uhr mit Spitzen in der Früh und am Abend – ähnlich nimmt man es auch in den beiden anderen Bundesländern wahr. Auch am Wochenende gebe es rege Nachfrage.

Das Service gibt es nur auf Deutsch, was bei seiner Einführung für Kritik sorgte. Bisher seien keine Verständigungsprobleme aufgetaucht, sagt Herbek. Das heiße aber nicht, dass fremdsprachige Communitys nichts von 1450 wüssten. Die Info-Kampagne sei bewusst bildhaft und einfach verständlich gestaltet. Für Personen mit Sprachproblemen würden wohl auch oft Angehörige anrufen, die besser Deutsch beherrschen. "Das Thema ist aber sicher nicht vom Tisch", sagt Herbek.

Dolmetschsystem der NÖ Rettung

Beim Notruf Niederösterreich, der in dem Bundesland für die Gesundheitshotline zuständig ist, zählte man knapp 4000 Anrufe – ebenfalls ohne Sprachbarrieren, wie es dort heißt. Allerdings gibt es dort ein System der Rettung mit Dolmetschern, die via Konferenzschaltung zugeschaltet werden können, was im Bedarfsfall auch für die Hotline genutzt werden könne, erläutert Philipp Gutlederer, Pressesprecher von Notruf Niederösterreich. Für Übersetzungen kontaktiert würden Freiwillige der Rettung oder auch zweisprachige Grenzbeamte. Zu den Sprachen gehörten etwa Tschechisch oder Ungarisch, schildert Gutlederer.

Insektenstiche haben Saison

Aktuell habe man bei der Hotline mit saisonalen Problemen wie Insektenstichen und -bissen zu tun. Oft zeigten Beratungsgespräche, dass die Patienten gar keinen Arzt brauchen – aber nicht immer: "Letztens schilderte ein Mann Beschwerden in der Brust – da wurde sofort der Notarzt alarmiert", sagt Gutlederer. Auch in Wien melden sich viele Menschen mit Rücken- und Bauchweh oder wegen Erbrechens oder Durchfall.

Auch in Vorarlberg sind Insektenbisse und Bauchschmerzen die meistgenannten Symptome, gefolgt von Fieber bei Kleinkindern. 2400 Personen riefen dort die Hotline an. Rund 2080 abgeschlossene Beratungsgespräche und 124 Notfälle wurden gezählt.

Auch Notruf soll weiterleiten können

In Wien laufen laut Herbek "intensive Gespräche mit der Rettung für eine Intensivierung des Austauschs". So könne man zwar Anrufer direkt zur Rettung weiterleiten, die Rettung aber umgekehrt nicht direkt an 1450, wenn dort der Eindruck entstehe, da wolle jemand "reden" und sei gar kein Fall für die Rettung.

Das Hotline-Pilotprojekt läuft bis Ende 2018. Es soll auf ganz Österreich ausgerollt werden. (Gudrun Springer, 13.7.2017)