Wir schreiben das Jahr 1929. Der Börsencrash steht kurz bevor, als der Statistiker Roger Babson in einer aufsehenerregende Rede den kommenden Zusammenbruch der Börsenkurse vorhersagt – später sollte dieser folgenreiche 24. Oktober 1929 als Schwarzer Donnerstag in die Geschichtsbücher eingehen, die darauffolgende Wirtschaftskrise in den USA als Great Depression bekannt werden.

Roger Babson 1875-1967.
Foto: Library of Congress

Roger Babson war ein angesehener Mann, der bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 1940 sogar als Kandidat für die Prohibition Party antrat, die sich für die Wiedereinführung der Prohibition und damit für ein landesweites Alkoholverbot aussprach. 

Wenn man die verlassene Ansiedlung Dogtown in Gloucester im US-Bundesstaat Massachusetts besucht, steht man erstaunt vor einer ganz anderen Hinterlassenschaft Babsons. Roger Babson, der dort geboren wurde, setzte in den 1930er-Jahren eine außergewöhnliche Idee in die Realität um.

Die Steine des Roger Babson

Er begann damit, Felsen in der näheren Umgebung von Dogtown ausfindig zu machen, die spezifischen Vorstellungen entsprachen. Sie mussten leicht zugänglich und groß genug sein, um darin kurze, weithin sichtbare Texte anbringen zu können. Babsons Idee war es, motivierende Inschriften in die Felsen zu ritzen, die die Jahrzehnte überdauern sollten.

Dazu heuerte er arbeitslose Steinmetze an, die während der Wirtschaftskrise keine Chance hatten, in Gloucester und Umgebung entsprechende Arbeit zu finden. Die Idee stieß nicht überall auf freudige Zustimmung, viele Freunde hielten ihn für einen Spinner, allenfalls für einen ausgesprochen exzentrischen Zeitgenossen. Doch Babson ließ sich nicht beirren.

Insgesamt 24 Sprüche und Mottos schlugen Babson und seine Mitarbeiter in die Felsen rings um Dogtown. Heute präsentieren sich die Steine in beinah unverändertem Zustand – ganz so, als wären die Inschriften erst vor kurzem angebracht worden.

Das Wichtigste gleich zu Beginn: Hilf immer deiner Mama.
Foto: Eric Bickernicks
Nicht vergessen: Seid nett zueinander.
Foto: Eric Bickernicks
Arbeit kann nicht schaden.
Foto: Eric Bickernicks
Verdammt nochmal, such dir einen Job.
Foto: Eric Bickernicks
Du sollst Wahrheit reden und Wahrheit tun.
Foto: Eric Bickernicks
Achtung vor der Schuldenfalle.
Foto: Eric Bickernicks
Und immer schön sauber bleiben.
Foto: Eric Bickernicks
Tief im Wald verborgen finden wir die Reste von Intelligenz.
Foto: Eric Bickernicks
Die Wahrheit – und nichts als die Wahrheit.
Foto: Eric Bickernicks
Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
Foto: Eric Bickernicks
Letzter gut gemeinter Tipp: Hirn einschalten.
Foto: Eric Bickernicks

Die Vorstellung, der große Wunsch Babsons, dass nach seinem Tod sich ein anderer Enthusiast finden und die Arbeit an den Steinen fortsetzen würde, bewahrheitete sich leider nicht. Da die Steine im Laufe der Jahre zu einem Anziehungspunkt für Interessierte aus Nah und Fern geworden sind, kann man mittlerweile in einer Karte nachschlagen, wo genau die Felsen mit ihren Inschriften zu finden sind. (Kurt Tutschek, 13.7.2017)

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