Budapest/Wien – Die Visegrád-Gruppe streckt am Montag mit einem Außenministertreffen ihre Fühler in Richtung Österreich, Slowenien und Kroatien aus, die ihrerseits eine engere Kooperation planen. Während Slowenien und Kroatien ihre Außenminister Karl Erjavec und Marija Pejcinovic Buric nach Budapest schicken, wird Österreich durch Außenamts-Generalsekretär Michael Linhart vertreten sein.

Ungarn hat Anfang Juli den Vorsitz in der Gruppe übernommen, die in der Flüchtlingskrise an Statur gewonnen hat. Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn verbindet nämlich eine harte Haltung in der Flüchtlingsfrage, und sie treten gemeinsam gegen das per Mehrheit beschlossene EU-Quotensystem zur Umverteilung von Flüchtlingen auf.

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto betonte am Sonntag, dass die Visegrád-Gruppe "stärker und effektiver als je zuvor" sei. Der gemeinsame Wille der vier Staaten sei ein Faktor, der bei EU-Entscheidungen auch von westlichen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden müsse.

"Eine Reihe von mitteleuropäischen Staaten" hätten sich an einem Beitritt zur Gruppe interessiert gezeigt, doch wolle man zu viert bleiben, damit die Effektivität des Zusammenschlusses erhalten bleibe, sagte Szijjarto dem Radiosender Kossuth nach Angaben der amtlichen Ungarischen Nachrichtenagentur (MTI). In der Flüchtlingspolitik teilten die drei anderen Visegrád-Staaten die Position Ungarns, das "niemals verpflichtende Flüchtlingsquoten akzeptieren würde".

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hatte kürzlich gemeint, die Österreicher schmerze es, "dass sie nicht Mitglied der V4 oder einer anderen regionalen Gruppierung sind". Der rechtskonservative Politiker zog in diesem Zusammenhang die Fähigkeiten der österreichischen Diplomatie in Zweifel. "Österreich ist zwar ein talentierter Staat, was man am hohen Lebensstandard sieht, aber im Bereich der Außenpolitik haben sie keine Ahnung", kritisierte er nach Angaben von MTI.

Grund für die jüngste ungarische Kritik an Österreich sind Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der im Streit um EU-Flüchtlingsquoten Sanktionen gegen Polen und Ungarn ins Spiel gebracht hatte. "Wir haben es mit Appellen und Aufrufen zu Solidarität an Polen und Ungarn versucht und sind damit nicht weitergekommen. Aber wir müssen diesen Konflikt jetzt lösen", sagte Kern dem "Handelsblatt".

In Budapest wurde das als Versuch gewertet, die Visegrád-Gruppe zu entzweien. Szijjarto replizierte vor Tagen: "Die Visegrád-Gruppe ist die engste und effektivste Allianz innerhalb der Europäischen Union und wird das auch bleiben, ob das dem österreichischen Bundeskanzler das gefällt oder nicht." Kern hatte sich Ende Juni mit den beiden sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Tschechiens und der Slowakei getroffen und bei ihnen in der Flüchtlingsfrage zumindest die "Bereitschaft, das Engagement zu vertiefen", geortet. (APA, 9.7.2017)