Hahn: "Die Migrationsproblematik aus Afrika wird uns noch viele Jahre beschäftigen."

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Wien/Brüssel – EU-Kommissar Johannes Hahn hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass die EU angesichts der Flüchtlingsströme ohnmächtig zuschaue. Kurzfristige Erfolge aber werde es kaum geben, sagte Hahn in einem Interview mit dem "Kurier". Und um Europa auf Dauer zu schützen, werde Afrika gestärkt werden müssen, fügte der Kommissar hinzu

Dass die Österreich angesichts steigender Migrantenzahlen Pandurpanzer zum Brenner schicken will, kommentierte Hahn mit der Feststellung, man dürfe nicht annehmen, "dass wir die Armee schicken, sondern es handelt es sich um einen Assistenzeinsatz für die Polizei."Wegen Schengen gebe es an der Grenze keine Zollwache mehr. Es handle sich nur um eine Vorsichtsmaßnahme.

Die Zahl der Migranten auf der zentralen Mittelmeerroute habe zugenommen, aber sie betrage nur ein Fünftel dessen, "was wir am Höhepunkt der Krise auf der Balkanroute hatten", so Hahn. Dennoch müsse man dieses Thema angehen.

Entwicklung vorantreiben

"Die Migrationsproblematik aus Afrika wird uns noch viele Jahre beschäftigen. Man würde sich in die Tasche lügen, wenn man behauptet, die Probleme ließen sich kurzfristig lösen", sagte der EU-Kommissar. Seit zwei Jahren arbeite die Kommission besonders mit jenen afrikanischen Ländern, die die Hauptursprungsländer der Migration seien.

Es gelte, eine umfassende Entwicklung dieser Länder voranzutreiben und dafür auch Geld bereitzustellen. Das beginne mit der Eindämmung des Bevölkerungswachstums. "Wir haben jetzt in Afrika eine Milliarde Menschen. Bis Mitte des Jahrhunderts werden es zwei, am Ende könnten es vier Milliarden sein", sagte Hahn.

"Hätten jetzt wesentlich mehr Flüchtlinge"

Grenzsicherung sei nur ein Element von mehreren, Schmuggler akquirierten auch in den Städten. Polizeieinheiten müssten also auch dort gegen Schmuggler vorgehen. Keiner dieser Anbieter sei legal, daher müsse man dort ansetzen. "Ein Schließen der Mittelmeerroute ist nur möglich, wenn ich diese ganze Kette zerschlage", erklärte Hahn. Es sei aber schon viel passiert. "Hätte die EU nicht schon ihre Maßnahmen gesetzt, hätten wir jetzt noch wesentlich mehr Flüchtlinge."

Über die Türkei habe man die Zahl der Flüchtlinge um 98 Prozent reduziert. "Natürlich kann man bei aller Kritik an der Türkei das Land nicht mit den afrikanischen Staaten vergleichen. Die Türkei hat eine funktionierende Administration. Und wenn der politische Wille gegeben ist, kann man etwas umsetzen", sagte Hahn. (APA, 9.7.2017)