Moskau – Vier Wochen nach einer Eskalation bei Massenprotesten gegen die russische Führung ist die Polizei mit neuen Festnahmen gegen Anhänger des Oppositionellen Alexej Nawalny vorgegangen. Landesweit seien am Wochenende bei Kampagnen für den bekannten Kremlkritiker mehr als 130 Menschen in Gewahrsam genommen worden, berichtete das Bürgerrechtlerportal OWD-Info.

Die Polizei teilte mit, allein in Moskau seien rund 70 Menschen festgenommen worden. Menschenrechtler kritisierten das Vorgehen der Behörden scharf.

Die Festnahmen in rund 20 verschiedenen Städten kamen einen Tag nach der Entlassung Nawalnys aus dem Gefängnis. Ein Moskauer Gericht hatte den 41-Jährigen zu 25 Tagen Arrest verurteilt, nachdem er Mitte Juni zu nicht erlaubten Demonstrationen aufgerufen hatte. Damals waren in ganz Russland rund 1700 Menschen vorübergehend festgenommen worden.

Im fernen Hamburg wurde Kremlchef Wladimir Putin beim G-20-Gipfel gefragt, was er von Nawalny halte und warum er dessen Namen nicht einmal in den Mund nehme. Präsident und Regierung könnten nur mit Menschen reden, die konstruktive Vorschläge machten, antwortete Putin. "Wenn es nur darum geht, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dann ist das für einen Dialog uninteressant." Putin vermied es dabei erneut, den Namen des Oppositionellen auch nur zu nennen.

Luftballons und Flugblätter

Für dieses Wochenende hatte Nawalnys Stab in mehreren Städten zu einer Kampagne aufgerufen. Dabei sollten rote Luftballons und Flugblätter verteilt werden. Russische Onlinemedien zeigten Bilder von Polizisten bei Aktionen von Nawalnys Anhängern. Trotz der Festnahmen laufe die Kampagne weiter, schrieb Nawalny am Samstag bei Twitter. Bereits am Freitag hatte die Polizei Wahlkampfbüros durchsucht und Material beschlagnahmt. Nawalny sprach in einem Blogbeitrag von einem regelrechten "Pogrom" gegen seine Kampagne.

Die Massenfestnahmen seien ein weiteres Beispiel für einen Verstoß gegen das Versammlungsrecht durch die Behörden, kritisierte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. "Die friedlichen Teilnehmer dieser Aktionen sollten rasch freigelassen werden", sagte Denis Kriwoschejew. Er berichtete auch von Vorfällen, bei denen einzelne Aktivisten tätlich angegriffen worden sein sollen. Das Vorgehen der Behörden müsse objektiv untersucht werden, forderte er.

Nawalny will bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr antreten. Die Wahlkommission hat aber mitgeteilt, dass der Oppositionelle wegen einer Bewährungsstrafe nicht kandidieren darf. Nawalny macht dennoch weiter Wahlkampf und hält an seinen Ambitionen fest. Es gilt als sicher, dass Putin 2018 für eine weitere Amtszeit kandidiert, offiziell geäußert hat er dies aber noch nicht. (APA, 9.7.2017)