Wien – Es ist beklemmend, wenn sich keine klare Begründung findet, warum zwei Menschen sterben mussten. Wie im Fall von Daniel L., der sich vor einem Geschworenengericht unter Vorsitz von Stefan Apostol verantworten muss, da er seine schwangere Lebensgefährtin und den gemeinsamen 22 Monate alten Sohn umgebracht hat. "Wieso ist es leichter, sie zu erschießen, als zu gehen?", bringt Beisitzerin Christina Salzborn die Sache auf den Punkt. "Das frage ich mich auch jeden Tag", lautet die Antwort des 24-jährigen Polizisten.

Begonnen hat die Geschichte im Internet. Im Jänner 2014 lernte L. die um ein Jahr ältere K. auf einer Datingplattform kennen. Im März kamen sie zusammen, im April war K. bereits schwanger. "Wie war die Beziehung?", fragt Apostol. "Wir haben uns relativ gut verstanden. Am Anfang." – "Hatten Sie Zweifel, dass das Kind von Ihnen ist?" – "Am Anfang schon. Aber als er dann da gewesen ist, war es mir egal."

Aussage unter Tränen

Nach Abschluss seiner Ausbildung wurde der Steirer nach Wien versetzt, Partnerin und Kind kamen mit. Der Angeklagte sagt, seine Freundin sei eifersüchtig gewesen und habe geklammert. "Ich durfte nichts machen, hatte keinen Freund, durfte meine Eltern nicht besuchen", behauptet er, während er immer wieder in Tränen ausbricht.

"Es war so eine Bedrückung und Belastung, ich kann es nicht beschreiben." Eine Trennung sei zwar immer wieder ein Thema gewesen, aber: "Ich wollte keine perfekte, aber eine normale Familie haben. Ich habe selbst den Vater verloren!"

Seine Aussage ist zumindest stellenweise von Selbstmitleid geprägt, was bei einem Richtersenat mit Apostol, Salzborn und Georg Olschak nicht die klügste Herangehensweise ist. Zumindest nicht, wenn es offensichtliche Widersprüche gibt. Denn so total kann die Überwachung nicht gewesen sein, im Juni 2016 verbrachte K. mit dem Sohn sieben Wochen in Kärnten bei ihren Eltern, um den Führerschein zu machen.

Blitzschnell Geliebte gefunden

Ein Freiraum, den der Angeklagte bereits am ersten Tag nutzte: Er registrierte sich neuerlich auf einer Internetplattform, gab sich als Single-Vater aus und traf sich bereits am nächsten Tag mit einer zweifachen Mutter, die ebenso einen Partner suchte.

Anhand von Chats schöpfte K. Verdacht. Doch sie fand noch mehr Indizien: ein Bild von L. und seiner Geliebten; eine fremde rosa Zahnbürste im Badezimmer. Der Angeklagte stritt alles ab und führte sein Doppelleben weiter. Am 19. September googelte er erstmals "Genick brechen".

Zehn Tage später fuhr er in einen Baumarkt: "Ich war dort, um Blumen für die Wohnung zu kaufen. Ich bin durch den Markt gegangen und habe nach einem Ausweg aus der Situation gesucht", schildert der Angeklagte. Seine Lösungsvariante: Er kaufte eine Axt und eine Rolle von 240-Liter-Müllsäcken.

Tödlicher Schuss von hinten

K. entdeckte das Werkzeug, stellte ihn zur Rede und brachte die Hacke zurück. Sie forderte ihn auch auf, zu Psychologen zu gehen. Machte er nicht, stattdessen versteckte er seine Dienstwaffe daheim. Am 2. Oktober kam es wieder zu einem Streit. Am Ende schoss L. der im Bett liegenden Freundin von hinten in den Kopf. Anschließend nahm er seinen Sohn und traf sich mit der Geliebten und deren Kindern.

Am nächsten Vormittag erwürgte er dann sein Kind. "Ich weiß nicht, warum. Ich habe geglaubt, das ist das Beste für ihn", schluchzt L. nun. Die Leichen versteckte er im Keller und lud die Geliebte zu Abendessen und Übernachtung ein. Als K.s Umfeld misstrauisch wurde, gab er eine Vermisstenanzeige auf, packte die Leichen in sein Auto und fuhr zu seinen Eltern, wo er die Leichen auf einer Brache deponierte, ehe er festgenommen wurde.

Die Version der Verzweiflungstat glaubt ihm das Gericht nicht und verurteilt ihn nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft. (Michael Möseneder, 6.7.2017)