Die Seine soll für Schwimmer geöffnet werden.

Foto: APA/AFP/LUDOVIC MARIN

Paris – Für die Auswahl seiner Schwimmstrecken erntet Alex Voyer Kopfschütteln. "Jedes Mal sagen mir alle: 'Du bist verrückt, das Wasser ist ekelhaft, es ist voller Bakterien, du wirst krank'", berichtet der Pariser lachend. Denn Voyer krault durch den Hauptstadtfluss Seine und die Pariser Kanäle. Bisher ist das verboten, aber künftig sollen Pariser und Touristen legal in die Seine hüpfen dürfen.

Baden am Fuße des majestätischen Eiffelturms oder des weltberühmten Louvre-Museums? Noch ist das Zukunftsmusik. Immerhin im riesigen Wasserbecken Bassin de la Villette im Nordosten von Paris wird das Schwimmen und Planschen aber bald erlaubt sein: Am 17. Juli öffnen dort drei Becken für Schwimmer und Nichtschwimmer. Ein "natürliches Badeerlebnis" verspricht das Rathaus, natürlich unter Aufsicht von Bademeistern.

Lebensqualität verbessern

Das Wasser kommt vom Canal de l'Ourcq, der durch das Bassin fließt, dann zum malerischen Canal Saint-Martin wird und sich schließlich in die Seine ergießt. Filteranlagen sorgen dafür, das keine Blätter, Müll oder Fische in die Schwimmbecken gelangen, Sensoren überwachen die Wasserqualität. Seit zwei Jahren schon würden die Grenzwerte für eine bakterielle Belastung des Wassers eingehalten, beteuert Sportbürgermeister Jean-Francois Martins.

Das Rathaus hat es sich zum Ziel gesetzt, den Parisern einen Sprung ins kühle Nass unter freiem Himmel zu erlauben und so die Lebensqualität der dicht bebauten Millionenstadt zu verbessern. "Das Bassin de la Villette ist eine erste Etappe", sagt Martins. "Die nächste Etappe ist der Daumesnil-See im Park von Vincennes. Und – wenn wir 2024 die Olympischen Spiele bekommen – schließlich das Baden in der Seine selbst."

Denn Paris bewirbt sich um die Sommerspiele in sieben Jahren. Ein Teil der Wettbewerbe soll dann in der Seine ausgetragen werden, wo das Schwimmen wegen Verschmutzung und Schiffsverkehr seit 1923 verboten ist.

In Paris fehlt ein Strand

Allerdings ist das Versprechen, die Seine für Schwimmer zu öffnen, nicht ganz neu. Schon 1988 stellte der damalige Bürgermeister Jacques Chirac in Aussicht, dass die Pariser "binnen fünf Jahren" in dem Hauptstadtfluss schwimmen könnten. Zwei Jahre später kündigte er an, dies selbst "vor Zeugen" tun zu wollen, um zu beweisen, wie sauber die Seine sei. Geschehen ist weder das eine noch das andere.

Doch seitdem hat sich viel verändert, Verschmutzung und Bakterienbelastung sind zurückgegangen. Passanten am Ufer der Seine blicken dennoch skeptisch in das trübe Flusswasser. "Es sieht nicht sehr freundlich aus, nicht wirklich schön, hier zu schwimmen", sagt ein junger Tourist. "Mit allem, was man mir erzählt hat, mit all den Krankheiten, die man sich einfangen kann – nein!", stimmt ein Franzose zu. Eine junge Frau gibt sich etwas optimistischer: "Wenn das Wasser geklärt wird, würde ich natürlich auch reinspringen und es ausnutzen. Es stimmt schon: In Paris fehlt uns ein Strand."

Geschützte Badestellen gesucht

Bis es soweit ist, bleibt noch viel zu tun. Paris muss seine Kanalisation modernisieren, die bei heftigem Regen immer noch überläuft und Schmutz in die Seine spült. Dann muss ein Ort ohne starke Strömungen gefunden werden, an dem sich eine Badestelle einrichten lässt, geschützt auch vor den Frachtern und Touristenbooten, die über die Seine fahren.

Alex Voyer macht sich um all das keine Sorgen, er nutzt Kanal und Seine schon jetzt als Schwimmbecken. "Ich werde nicht krank, und Hautprobleme habe ich auch nicht", versichert er. Und die Wassertemperatur sei einfach zu verlockend: "24 bis 25 Grad – perfekt!" (Marie Giffard, APA, AFP, 6.7.2017)