Bild: Matthias Zronek
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Seit vielen Jahren läuft das Generationenspiel bei Intel so ab: Zuerst erblickt eine vergleichsweise kostengünstige Mainstream-Plattform inklusive Prozessoren das Licht der Welt, ungefähr ein Jahr später folgt die High-End-Plattform auf Basis der zuvor veröffentlichten Mikroarchitektur und Fertigungstechnik und bringt zusätzliche Prozessorkerne mit; um einen gewissen Aufpreis, versteht sich. Die Namen der Prozessoren vertuschen diese Vorgehensweise, denn es paart sich dadurch immer eine aktuelle Mainstream-Plattform mit einem High-End-Pendant aus der vorhergehenden Generation. Daher vereint beispielsweise die sechste Generation von Intel-Core-Prozessoren die Dual- und Quadcores der Skylake-Architektur (zum Beispiel der i7-6700K) mit dem Vorgänger Broadwell in Varianten mit sechs, acht und zehn Kernen (zum Beispiel der i7-6950X). Zwecks Übersicht hängt Intel an den Codenamen noch ein Suffix an, in diesem Fall "Broadwell-E".

Kaby Lake X – Intel Core i7-7740X
Bild: Matthias Zronek

Generationen-Wirrwarr

Das ist deshalb wichtig, weil die neue High-End-Plattform von Intel diese Strategie ändert. Die Prozessoren mit dem Codenamen Kaby Lake (zB i7-7700K) werden zwar erneut mit dem Vorgänger Skylake gepaart (genannt Skylake X), jedoch darf zum ersten Mal auch ein Prozessor mit der Mainstream-Architektur im High-End-Sockel Platz nehmen. Diese Prozessoren hören auf den nachvollziehbaren Namen "Kaby Lake X" und bilden die Quadcore-Fraktion im neuen "X-series"-CPU-Lineup von Intel. Das Topmodell mit vier Kernen nennt sich Core i7-7740X und besitzt einen Turbotakt von bis zu 4,5 GHz und Hyperthreading. Im Prinzip handelt es sich dabei um einen i7-7700K mit leicht höherer TDP für den neuen High-End-Sockel "LGA 2066" mit X299-Chipsatz. Nicht mehr und nicht weniger.

Kaby Lake X – RAM-Setup Asus X299-E Gaming
Bild: Matthias Zronek

Stolperstein

Diese Strategieänderung bringt entsprechende Restriktionen durch die dezenten Unterschiede zwischen einer Mainstream- und einer High-End-Plattform mit. Allem voran beherrscht Kaby Lake nur Arbeitsspeicher im Dual-Channel-Modus und bietet maximal 16 PCIe-Lanes an. Wer diese Einschränkungen nicht vorab kennt, könnte sein blaues Wunder erleben, denn die X299-Mainboards besitzen alle acht Speicherbänke, verkünden in farbiger Aufschrift die Unterstützung von Quad Channel und strotzen vor PCIe-Slots für SLI und Crossfire. In der Praxis können mit Kaby Lake X jedoch nur vier der acht Speicherbänke verwendet werden, und beim Betrieb von zwei Grafikkarten muss auf PCIe 8x/8x zurückgegriffen werden, wobei mit Leistungseinbußen zu rechnen ist. Außerdem ist keine Spur von Turbo Boost 3.0 zu finden, auch dieses gerne vermarktete Feature ist Skylake X vorbehalten. Diese unübersichtlichen Beschneidungen stiften nicht nur Verwirrung vor dem Kauf, sondern werden ohne Zweifel ein großer Stolperstein für weniger versierte Käufer der Plattform. Deshalb empfiehlt sich vorab ein Blick auf folgende Liste mit den Spezifikationen der neuen "X-series"-Prozessoren zu werfen:

Intel Skylake X und Kaby Lake X – Prozessoren im Vergleich.
Foto: Intel

Benchmarks

Genug der Theorie, jetzt geht es ans Eingemachte. Getestet wurden sieben aktuelle Blockbuster in den Auflösungen 1.920 x 1.080 (Full HD), 2.560 x 1.440 und 3.840 x 2.160 (4K). Die Details befinden sich je nach Spiel im Bereich des maximal Möglichen, rein GPU-lastige Features wie Antialiasing, Postprocessing (zum Beispiel Motion Blur) und Nvidia Hairworks sind deaktiviert. Als Grafikkarte kommt eine Asus Strix Geforce GTX 1080 mit 8 GB Grafikspeicher zum Einsatz.

Im Laufe des ausführlichen Testvorgangs wurden nicht nur Spiele getestet, sondern jegliche Anwendungsgebiete für Prozessoren, wie zum Beispiel Video-Enkodierung, 3D-Rendering, Javascript-Performance, Verschlüsselung, GPGPU und vieles mehr. Die folgende Zusammenfassung stellt sich aus insgesamt 15 CPU-Benchmarks, neun Systemtests (3DMark, VRMark und PCMark) und den oberhalb gezeigten Spieletests zusammen:

Wer seine Geldbörse nicht für eine CPU schlachten möchte, sollte das Preis-Leistungs-Verhältnis näher betrachten. Es ergibt sich aus den zuvor ermittelten Gesamtwerten und dem aktuellen Bestpreis im Handel und stellt einen Eurobetrag pro erzieltem "Performance Point" dar. Unter Bestpreis versteht sich der kleinste Preis des ersten gelisteten namhaften Shops in Geizhals am Tag der Veröffentlichung des Tests. Nicht mehr im Handel erhältliche Produkte werden mithilfe von Ebay und Willhaben mit einem geschätzten Gebrauchtpreis versehen.

Der schnellste Quadcore ist …

Der Core i7-7740X hält was er verspricht und holt sich in unserem Test die Gesamtwertung. Er ist der derzeit schnellste Quadcore, der für Geld erworben werden kann. Nur in der Kategorie für CPU-Benchmarks muss er sich den acht Kernen des Ryzen R7 1700X geschlagen geben, kann sich aber auch da schlussendlich mit einer Übertaktung auf 5 GHz durchsetzen. Den zweiten Platz holt sich weiterhin der i7-7700K, gefolgt vom R7 1700X auf Platz drei.

Beim Preis-Leistungs-Verhältnis sind nach wie vor die gebraucht gekauften, älteren Intel-Quadcores obenauf. Durch seinen guten Preis mischt auch der Ryzen R5 1600 mit sechs Kernen als Neukauf vorne mit. Der i7-7740X ist mit 3,76 Euro pro Performance Point als Vorletzter in der Liste zu finden und bleibt trotz seiner guten Leistung alles andere als ein Schnäppchen.

Temperatur und Leistungsaufnahme

Die Messergebnisse zeigen einen guten Sprung in die richtige Richtung für den Testkandidaten. Abwärme und Leistungsaufnahme sind unter Last deutlich besser als beim getesteten i7-7700K. Nachdem der Heatspreader auch bei Kaby Lake X weiterhin nicht verlötet ist, kann von einer guten Vorselektion seitens Intel ausgegangen werden. Ob die Retail-Produkte ähnlich gute Eigenschaften aufweisen, wird sich in den nächsten Wochen weisen. Dennoch ist AMDs Ryzen trotz sechs bzw. acht Kernen deutlich kühler und im Verhältnis gesehen energieeffizienter unter Last.

i7-7740X im CPU-Z-tress-Test ohne AVX bei 5 GHz
Bild: Matthias Zronek

Fazit

Der Core i7-7740X ist der schnellste Quadcore, den wir bis dato getestet haben. Das Testsample ließ sich vorzüglich übertakten und kann dadurch mit brachialen 5 GHz sogar den gleich teuren Ryzen R7 1700X mit acht Kernen in der CPU-Gesamtwertung die Show stehlen. Abwärme und Leistungsaufnahme liegen innerhalb annehmbarer Parameter für den Desktop-Bereich bei besserer Luftkühlung. Preislich liegt das Topmodell von Kaby Lake X mit 354 Euro gerade mal 15 Euro über dem Bestpreis eines i7-7700K. Unterm Strich sollte daher eigentlich nichts davon abhalten, den i7-7740X zu empfehlen. Wären da nicht die teuren X299-Mainboards ...

Die Strategie von Intel für ihre neue High-End-Plattform hakt. Obwohl der Schritt zur Vereinigung von mehreren Prozessorarchitekturen auf einem Sockel positiv zu werten ist und langfristig die Option für ein CPU-Upgrade offen hält, geht die Rechnung bei Kaby Lake X unterm Strich nicht auf. Durch die notwendige Unterstützung von High-End-Features kostet selbst das günstigste X299-Mainboard 224 Euro aufwärts. Die besseren Modelle wie das ASUS X299-E Gaming, das in diesem Test verwendet wurde, kommt sogar auf 335 Euro und damit schon in den Preisbereich des Hauptprozessors. Für CPU, Mainboard und 16 GB DDR4-Speicher ist daher mit einem Kaufpreis von ~820 Euro zu rechnen – ohne Grafikkarte, SSD und Netzteil versteht sich. Ein vergleichbares System mit i7-7700K und Z270-Chipsatz kommt hingegen auf rund 655 Euro und Ryzen mit einem R7 1700X und X370 auf rund 635 Euro. Speziell bei Gaming-Systemen ist diese Preisdifferenz von bis zu 185 Euro deutlich sinnvoller in eine bessere Grafikkarte investiert. Zumal die Framerate-Bereiche, in denen der i7-7740X für Mehrleistung sorgt, letztendlich keinen Einfluss auf das Spielerlebnis haben.

Daher kann Kaby Lake X nur mit Einschränkungen empfohlen werden: Wer kompromisslos die beste Singlethread- und Gaming-Performance sucht – besser mit, aber auch ohne Overclocking –, der sollte sich den i7-7740X genauer anschauen. Ansonsten empfiehlt sich der Griff zu einem kleineren Kaby Lake oder gleich zu einem Ryzen mit sechs oder acht Kernen. Letzteres ist derzeit die zukunftstauglichste Option (siehe "AMD-Ryzen-Prozessoren im Test"). (Matthias Zronek, 9.7.2017)