Wien – SPÖ-Altbundeskanzler Franz Vranitzky macht seine Entscheidung von 1986, grundsätzlich nicht mehr mit den Freiheitlichen in eine Koalition zu gehen, bei der die Sozialdemokraten bis vor Kurzem geblieben sind, vor allem am damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider fest.

Es habe für ihn vor allem zwei Gründe für seine Haltung gegeben, sagte Vranitzky am Montagabend bei einer Diskussionsveranstaltung mit seinem Nachfolger als Kanzler und SPÖ-Chef, Christian Kern: Er habe Grund gehabt, an der Handschlagqualität Haiders zu zweifeln. Zudem habe sich Haider "für einen österreichischen Regierungspolitiker" zu wenig eindeutig vom Gedankengut des Nationalsozialismus' distanziert.

Zu einem Schlagabtausch zwischen Vranitzky und Kern über die sogenannte Vranitzky-Doktrin kam es nicht. Der Altkanzler betonte auch: "Die Rahmenbedingungen waren andere." Er verwies darauf, dass die FPÖ damals bei rund zehn Prozent in der Wählergunst gelegen sei.

"Ausgrenzung"

Haider habe dann wohl aus "Wehleidigkeit" das Wort "Ausgrenzung" gebraucht, dieses werde bis heute – auch in der SPÖ – "nachgeplappert". Es wäre ihm "zu absurd gewesen", den jüngst verstorbenen Außenminister, den "engagierten (...) Europapolitiker" Alois Mock von der Bundesregierung fernzuhalten und stattdessen darin Jörg Haider aufzunehmen, "nur damit er (Haider) nicht ausgegrenzt ist", erläuterte Vranitzky.

Zum Kriterienkatalog der SPÖ wollte sich Vranitzky nicht äußern. Kern verteidigte ihn als Mittel zu sagen: "Wir reden grundsätzlich mit allen, aber es gibt Vorstellungen (...), die wir an Partner als Anforderungen stellen." Während die FPÖ immer stärker geworden sei, habe sich die SPÖ darüber definiert, wogegen sie sei. "Das halte ich durchaus auch für einen problematischen Weg, weil ich der Meinung bin, wir müssen zunächst einmal definieren, wofür wir selber stehen." Dies sei mit dem Kriterienkatalog und dem "Wertekompass" für künftige Koalitionspartner sowie dem inhaltlich-programmatischen Plan A geschehen.

Damit haben "wir den roten Teppich den Freiheitlichen ganz klar nicht ausgerollt", betonte der aktuelle Kanzler und SPÖ-Chef. Wenn jemand gegen Minderheiten hetze, den 8. Mai als Tag der Niederlage und nicht als Tag der Befreiung betrachte oder – wie die FPÖ – mit der rechtspopulistischen Front National von Marine Le Pen, "die das Projekt der Zerstörung Europas betreibt", im Europaparlament in einer Fraktion sitze, "dann kann das kein Partner sein", stellte Kern fest.

Eine Koalition seiner SPÖ mit der FPÖ ist aus der Sicht Kerns auch nach der Nationalratswahl am 15. Oktober "extrem hypothetisch", denn seit geraumer Zeit werde ein "schwarz-blaues Projekt" vorbereitet. Ziel bei der Wahl sei daher vor allem eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau, sagte Kern. (APA 3.7.2017)