Linz – Nach dem gewaltsamen Tod eines betagten Ehepaars am Freitagvormittag in Linz haben die Einvernahmen des Verdächtigen ein politisches Motiv zutage gefördert. Der 54-jährige Muslim aus Tunesien soll laut Polizei viele schlechte Erfahrungen, die er in den vergangenen Jahren in Österreich gemacht hatte, auf die FPÖ projiziert haben. Über den Verdächtigen wurde die Untersuchungshaft verhängt.

An seinen Opfern, denen fälschlicherweise ein Naheverhältnis zur FPÖ unterstellte, habe er ein Exempel statuieren wollen, sagte der oberösterreichische Landespolizeidirektor Andreas Pilsl am Samstag in einem Hintergrundgespräch. Der unter Doppelmord-Verdacht stehende Mann, der seit 1989 in Österreich lebt, war 2012 nach einer Anzeige eines lokalen FPÖ-Mandatars wegen Tierquälerei verurteilt worden.

Von da an machte er die FPÖ für alle negativen persönlichen Erfahrungen verantwortlich, etwa wenn er seiner Ansicht nach beim AMS schlecht behandelt wurde oder als ihm einmal die Mindestsicherung gekürzt wurde.

Verdächtiger lieferte Lebensmittel aus

Der Verdächtige habe die Tat genau geplant, auch wenn er wusste, dass die beiden Pensionisten im Alter von 85 und 87 Jahren eigentlich nichts für seine Situation konnten, so Pilsl. Die Pensionisten sollen den Tunesier im Gegenteil sogar finanziell unterstützt haben.

Der 54-jährige Tunesier soll laut Polizei wenige Tage vor der Bluttat den Entschluss gefasst haben, an der Gesellschaft ein Exempel zu statuieren und sich für erlittenes Unrecht zu rächen. Er hatte im Geschäft seiner Lebensgefährtin, einer österreichischen Konvertitin, als Lebensmittellieferant mitgearbeitet. Zweimal wöchentlich brachte er Waren zu dem betagten Ehepaar.

Frau erdrosselt, Mann erstochen

Beim Liefertermin am Freitag hatte er unter seiner Schürze einen Gurt, einen Holzstock, ein Messer und einen Benzinkanister versteckt. Den vorläufigen Ermittlungsergebnissen zufolge erdrosselte er zunächst die arglose 85-jährige Frau, anschließend tötete er ihren um zwei Jahre älteren Mann mit dem Messer und dem Stock. Dann legte er Feuer. Wenig später entdeckte die Feuerwehr die Leichen der beiden Opfer.

Kurz nach der Tat stellte sich der mutmaßliche Täter selbst der Polizei. In seiner polizeilichen Einvernahme sagte der Tunesier, er habe zuerst überlegt, sich in der Donau zu ertränken, dann aber beschlossen, sich zu stellen. Als er am Freitag in die Polizeiinspektion ging, musste er zunächst warten. Er stellte sich an und legte, als er schließlich an die Reihe kam, ein Geständnis ab.

Die Ermittler sehen den Täter nicht in der Nähe der radikalislamischen Szene. Der Mann habe ein religiöses Leben geführt, der politische Islam habe ihn jedoch nicht interessiert, betonte Pilsl. Der Tunesier sei bisher weder durch Radikalisierungstendenzen aufgefallen noch einschlägig vernetzt.

Kern "tief bestürzt"

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat sich "tief bestürzt" über den Doppelmord in Linz geäußert.

"Verbrechen wie diese zerstören das Vertrauen in den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und sind auf das Härteste zu verurteilen", betonte der Kanzler am Samstag in einer Aussendung. "Wenn Menschen – wie in Linz offenbar passiert – wegen einer echten oder fiktiven Nähe zu einer Partei ermordet werden, müssen alle gemeinsam gegen solche Entwicklungen auftreten."

Ohne die Ermittlungen der oberösterreichischen Polizeibehörden vorweg nehmen zu wollen, müsse man sich sehr genau ansehen, wie man hier mit noch strengeren Kontrollen und mehr Mitteleinsatz unmenschliche Taten wie diese verhindern könne, so Kern.

"Eines ist klar: Österreich muss das Land des Zusammenhaltes und des Gemeinsamen sein. Denn nur das Verbindende macht uns stark und steht immer über dem Trennenden", fügte der Kanzler hinzu.

FPÖ-Chef: "Zutiefst entsetzt"

Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache äußerte sich zur Tat. In einem Facebook-Posting sprach er der Familie und den Angehörigen sein aufrichtiges Beileid aus: "Ich bin zutiefst entsetzt und schockiert, mit welchem Hass und mit welchem Gewaltpotenzial der radikal-islamistische Täter vorgegangen ist." (APA, 1.7.2017)