Nach der Wahl ist vielleicht vor der Wahl. Welche Erwartungen haben Sie an neu gegründete Parteien?

Foto: Christian Fischer

"Leider ist meine grüne Partei auch eine Altpartei geworden", waren Peter Pilz' Worte in der "ZiB 2" zur Niederlage bei der Listenwahl. Ganz Europa zeige, dass es neue Parteien brauche, und in Österreich sei eine neue Bürgerbewegung, die eine schwarz-blaue Mehrheit im Parlament verhindere, nötig, kann man Pilz' Interview zusammenfassen. Damit hat er selbst die Spekulationen über eine mögliche Liste Pilz genährt. Im ORF-"Morgenjournal" am Donnerstag klang es auch schon konkreter. Eine endgültige Entscheidung werde er in drei bis vier Wochen fällen.

Die Chancen auf einen Einzug in den Nationalrat werden unterschiedlich eingeschätzt. Ein Wahlkampf wäre auch mit geringem Budget möglich, es komme auf die Sendezeit im Fernsehen an, sagt etwa der frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina.

Abspaltungen und neue Parteien

Es ist nicht neu, dass sich aus den bestehenden Parteien Abgeordnete mit einer eigenen Liste oder Partei abspalten. Manche mehr, manche weniger erfolgreich. So spaltete sich 2005 die damalige Parteispitze der FPÖ ab und gründete das Bündnis für die Zukunft Österreichs (BZÖ) mit Jörg Haider an der Spitze. Das BZÖ schaffte jeweils den Einzug ins Parlament bei den Nationalratswahlen 2006 und 2008, und auch bei der Europawahl 2009 war es erfolgreich. In der Parteienlandschaft ist das BZÖ mittlerweile aber kaum mehr von Bedeutung.

Von der FPÖ spalteten sich bereits 1993 Abgeordnete um Heide Schmidt ab und gründeten das Liberale Forum (Lif). Das Lif schaffte den Einzug ins Parlament zweimal, danach nur mehr mit einem Wahlbündnis mit der SPÖ. 2013 traten erstmals die Neos bei der Nationalratswahl an – in einem Wahlbündnis mit dem Lif und den Jungen Liberalen (Julis) – und schafften den Einzug.

Streit, Erneuerung und Veränderung

Gründe für Abspaltungen waren meist Uneinigkeit, Streit und Machtspiele in den Parteien, und vielleicht auch der Wunsch nach einer strukturellen Veränderung in der Politik. So beklagt auch Pilz, dass die Grünen zu einer Altpartei geworden sind und Wähler politikmüde seien. Er sieht in den Reaktionen nach seiner Wahlniederlage den Wunsch in der Bevölkerung nach einer neuen Partei, und er will sich dieser Verantwortung nicht entziehen. Für einen Twitter-User ist das unglaubwürdig:

Viel Zustimmung für eine eigene Liste ist in den STANDARD-Foren zu lesen. Unter den Politikverdrossenen könne Pilz reüssieren, so die Prognose von User "einfachTUN":

User "domanz" kann sich sogar eine Mitarbeit vorstellen, woran er vorher offenbar noch nie gedacht hat:

Was ist Ihre Motivation, neue Parteien und Listen zu unterstützen?

Was haben sich Wähler früherer Abspaltungsparteien erhofft, und inwieweit wurden die Erwartungen dann erfüllt? Wann kam es zu einer (persönlichen) Ernüchterung? Was haben diese Wähler vorher gewählt, und was wählten sie nach dem Scheitern der neuen Parteien an der Vier-Prozent-Hürde? Und was bedeutet das möglicherweise für eine Liste Pilz? (Judith Handlbauer, 30.6.2017)