Die Grünen wollen eine "Trennung mit Anstand" und ja keinen "Schaukampf auf offener Bühne". Peter Pilz ist allerdings schon dabei, Gefolgsleute um sich zu scharen und eine Kandidatur vorzubereiten.

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Wien – Die grüne Führung ist tunlichst bemüht, Peter Pilz nicht weiter zu reizen. Es solle ja eine "Trennung mit Anstand" werden, sagte Klubobmann Albert Steinhauser. Nicht gewünscht sei ein "Schaukampf auf offener Bühne". Pilz solle einmal "in Ruhe über seine politische Zukunft nachdenken", sagte der Klubchef.

Das macht der geschasste Grüne auch – allerdings laut und in aller Öffentlichkeit. Die Idee, mit einer eigenen Liste anzutreten, dürfte demnach ziemlich fix sein. "Ja, ich würde heute sagen: Ja, ich will, weil so viele andere wollen. Aber ich weiß nicht, ob wir es gemeinsam schaffen, und ich weiß nicht, ob wir es gemeinsam können", antwortete Pilz im ORF-Radio am Donnerstag auf die Frage, ob der Plan schon konkret klinge. Von einer "neu entstehenden Bürgerbewegung" war schon die Rede in der "ZiB 2" am Tag davor.

Im STANDARD hatte Pilz ebenfalls eine Kandidatur in Aussicht gestellt, eine endgültige Entscheidung soll in zwei bis drei Wochen fallen. Überlegungen, eine eigene Partei zu gründen, gab es immer wieder, auch schon in der Zeit vor der Abfuhr, die sich der grüne Veteran am vergangenen Sonntag beim Bundeskongress seiner Partei geholt hatte.

Fehler der Grünen

Dass Pilz mit einem eigenständigen Antreten bei der Wahl am 15. Oktober kokettiert, verwundert einen ehemaligen Weggefährten. Pius Strobl, heute Projektmanager und Berater, hatte 1986 Pilz gefragt, ob er nicht für die Grünen kandidieren wolle. "Diese lange Zeit als Abgeordneter beweist, dass die Wahl eine richtige war", sagt Strobl zum STANDARD. Jetzt würde er ihm aber raten: "Peter, lass es, das ist keine gute Idee." Die Wahrscheinlichkeit, in den Nationalrat zu kommen, sei gering, die Gefahr, viele Stimmen zu verlieren, umso größer. Dass die Grünen Pilz nicht aufgestellt haben, hält auch Strobl für einen Fehler: "Das ist nicht gut für die Grünen. Ich fürchte, dass sie einstellig werden." Eine Kandidatur hält Strobl auch deshalb für falsch, weil die Zeit bis zur Wahl zu kurz sei, um "etwas Solides aufzustellen". Und: "Ohne Geld, ohne Struktur eine Wahl zu schlagen ist schwierig – trotz seines Bekanntheitsgrads."

"Wenig Geld"

Das sieht der frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina anders. "Es geht auch mit relativ wenig Geld", sagt Kalina, der heute Inhaber einer PR-Agentur ist. Er verweist auf den Präsidentschaftswahlkampf von Irmgard Griss, der damals bescheidene 931.000 Euro als Budget zur Verfügung standen.

Das Um und Auf sei etwas ganz anderes: "Das Wichtigste ist, ob er verbindliche Sendezeit im Fernsehen bekommt. Die Menschen müssen ihn sehen und erleben", sagt Kalina. Klar brauche es auch ein paar Plakate, "um das Gesicht in Erinnerung zu halten". Viel Augenmerk müsse er auch auf die inhaltliche Positionierung legen.

Daran könnte es hapern, warnt Daniel Kapp, Kommunikationsstratege und Politikberater: "Es ist eines, Aufdecker zu sein – etwas anderes ist es, sozialpolitische oder wirtschaftspolitische Antworten zu haben." Ein Rollenwechsel verändere die Spielregeln: "Ich frage mich, ob er das ganze Spektrum abdecken kann."

Perfekt positioniert

In erster Linie steht Pilz für seine Rolle als Aufdecker, für den Kampf gegen Korruption, aber auch für sein Auftreten gegen den politischen Islam. Zuletzt war Pilz gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seine Gefolgsleute zu Felde gezogen. In der Ausländerpolitik setzt Pilz auf einen restriktiven Zuzug, in der Sicherheitspolitik auf strengere Maßnahmen. In der Sozialpolitik predigt der Grüne Gerechtigkeit, ohne allerdings konkrete Maßnahmen anzuführen.

Die Positionierung nach dem Bundeskongress vom vergangenen Samstag habe jedenfalls perfekt funktioniert, ist PR-Berater Kalina überzeugt: "Auf einer Skala von 0 bis 100 würde ich ihm 99 Punkte geben." Es gehe auch immer darum, welche Geschichte man erzählen wolle. "Und Pilz erzählt eine sehr gute." Denn den grünen Wählern signalisiere Pilz Mitgefühl, er bringe sich nachgerade "ideal in die Opferrolle" – und bereitet dabei den "Plan P wie Peter Pilz vor".

Um antreten zu können, reicht eine Person jedoch nicht. Von den Grünen könnten die ebenfalls gescheiterten Mandatare Wolfgang Zinggl und Bruno Rossmann ihn unterstützen, auch Karl Öllinger überlegt dies offenbar.

Insofern sei diese öffentliche Debatte ein Fehler, findet Kapp. Strategisch wäre es besser gewesen, wenn sich Pilz bedeckt gehalten hätte. "Alles, was er jetzt macht, geschieht im Licht der Öffentlichkeit." Das erschwere die Suche nach möglichen Mitstreitern. Kapp: "Du kannst mit niemandem sprechen, ohne dass die Gefahr besteht, dass der Name in den Medien auftaucht." (Peter Mayr, 30.6.2017)