Österreichs Wirtschaft profitiert von dem Aufschwung der Weltwirtschaft.

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Wien – Die österreichische Wirtschaft hat zu Jahresbeginn das höchste Wachstum seit sechs Jahren verzeichnet. Laut Wifo-Prognose soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) heuer um 2,4 Prozent steigen. Für das kommende Jahr prognostiziert das Institut ein Plus von zwei Prozent. Das IHS ist in seiner Prognose etwas vorsichtiger, diesem zufolge wird das BIP 2017 und 2018 um 2,2 und 1,7 Prozent zunehmen. Damit liegt die heimische Wirtschaftsdynamik erstmals seit 2013 wieder über jener des Euroraums. Wenn sich die Stimmung der Unternehmen und der Konsumenten weiter so gut entwickelt, könnte das Wachstum noch höher als prognostiziert ausfallen, sagte IHS-Chef Martin Kocher.

Beide Institute sehen den Aufschwung der Weltwirtschaft seit Mitte des vergangenen Jahres als Grund für die positive Prognose. Die zunehmende Importnachfrage Chinas habe Österreich auch erreicht, hauptsächlich durch Zulieferketten über Deutschland. Insgesamt sollen die Importe – je nach Prognose – heuer um 3,4 bis 3,5 Prozent zunehmen.

Nachfrage nach österreichischen Produkten steigt

Auch die Exporte aus Österreich sollen 2017 und 2018 steigen. Laut Wifo werden sie um 4,2 und 3,6 Prozent wachsen. Die Einschätzung des IHS ist etwas niedriger. Österreich profitiert dabei von der steigenden Nachfrage nach heimischen Erzeugnissen in den USA, aber auch von der Lösung des Investitionsstaus in Ostmitteleuropa. Im vergangenen Jahr kam es wegen ausstehender EU-Förderungen zu Verzögerungen. Laut IHS werden die Exporte auch im kommenden Jahr anziehen, vor allem Güterexporte dürften kräftig zulegen. Auch die Binnennachfrage wird laut IHS robust bleiben.

Das Budgetdefizit nimmt laut beiden Instituten heuer deutlich ab. Das liege einerseits am höheren Wirtschaftswachstum, andererseits an den Effekten im Zusammenhang mit der Steuerreform, dem "Pensionshunderter" und dem Rückgang der Zinsbelastung. Das IHS geht für den Prognosezeitraum von einem gesamtstaatlichen Budgetdefizit von 0,8 Prozent des BIP aus. Die vorgezogene Nationalratswahl mache eine Budgetprognose für das kommende Jahr jedoch schwierig.

Studienplatzfinanzierung gefordert

Kocher warnte davor, die Zeit bis zu den Wahlen mit Wahlgeschenken zu übertrumpfen. "Das wäre eine Belastung für die Zukunft." Die Chefs beider Institute beurteilen das zusätzliche Geld für die Universitäten zwar positiv, kritisierten aber die mangelnde Gegenfinanzierung. Wifo-Chef Christoph Badelt kritisierte, dass sich trotz höherer Ausgaben nichts am grundlegenden Problem ändere, es brauche eine Studienplatzfinanzierung.

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Die Teuerung soll 2017 zwei Prozent betragen. Gleichzeitig dürfte der Konsum anziehen und die Konjunktur weiter stützen. Das Wifo geht von einer Steigerung der Konsumausgaben um 1,4 Prozent aus, nächstes Jahr sollen sie um 1,5 Prozent steigen. Grund dafür ist unter anderem der Rückgang der Arbeitslosigkeit, der die Einkommen und den Verbrauch privater Haushalte stärkt.

Arbeitslosigkeit sinkt stärker als erwartet

Das IHS zeigt sich bezüglich des Arbeitsmarkts optimistisch: Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen geht seit 2011 erstmals zurück, schreibt das Institut in seiner Konjunkturprognose. Nach nationaler Definition wird die Arbeitslosenquote heuer 8,6 Prozent betragen, nach Eurostat-Berechnung wird sie von sechs auf 5,7 Prozent sinken. Die "Aktion 20.000", die noch nicht in die Prognose eingerechnet ist, könnte die Arbeitslosigkeit um 0,3 Prozentpunkte senken, sagte Stefan Schiman vom Wifo.

Das Wifo gibt im Gegensatz dazu keine Entwarnung für den Arbeitsmarkt. Zum einen würden Ältere und Geringqualifizierte länger arbeitslos bleiben, zum anderen der Großteil der zusätzlichen Beschäftigten nicht aus dem Reservoir an Arbeitssuchenden rekrutiert werden. Der Arbeitskräfteandrang aus Ostmitteleuropa sei weiter stark, seitdem der Arbeitsmarkt 2011 und 2013 liberalisiert wurde. Der Beschäftigungsbonus könnte jedoch Investitionen auslösen und als Motor gegen Arbeitslosigkeit wirken.

Am Arbeitsmarkt sieht Kocher einen "Turnaround", obwohl so viele Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen, sehe man eine "schöne Senkung" der Arbeitslosenzahlen. Freilich würden sie nach wie vor sehr hoch sein. Badelt formulierte das ganz deutlich schärfer: Es sei in hohem Maße bedenklich, dass man bei so einem Wirtschaftsaufschwung die Arbeitslosigkeit über acht Prozent betrage. "Das deutet auf einen massiven Struktureffekt hin." Durch die lange Krise und die mangelnde Qualifizierung vieler Arbeitsloser hätten es viele schwer, einen Job zu finden. Gleichzeitig würden Babyboomer in die "schwierige Phase" über 50 kommen, wo man sich, wenn man die Arbeit verliert, beim Finden einer neuen sehr schwer tue.

Brexit als Unsicherheitsfaktor

Beide Institute gehen davon aus, dass die außenwirtschaftlichen Impulse 2018 nachlassen werden. Auch wenn heimische Unternehmen die aktuelle und zukünftige Wirtschaftslage optimistisch einschätzen, sei es fraglich, ob der Investitionsboom aus China anhalten werde. Auch in Ostmitteleuropa werden sich die Investitionstätigkeiten 2018 voraussichtlich normalisieren. Der Weltwirtschaft stehe außerdem durch den anstehenden Brexit und die unklare fiskalpolitische Positionierung der USA vor Unsicherheiten. (red, 29.6.2017)