Der Bamiyan-Amritsar-Palast, gestaltet von Bert Praxenthaler, bietet Infos über den Islam.

Foto: Glaspaläste/Rotsc

Wittenberg/Wien – Die Weltausstellung Reformation im deutschen Wittenberg hat, rein gestalterisch, starke Bezüge zu einem Land der Gegenreformation: zu Österreich. Konkret stammen zwei der acht öffentlichen Interventionen in den Wallanlagen rund um die Wittenberger Altstadt von Wissenschaftern und Künstlern, die an österreichischen Universitäten und Hochschulen unterrichten – und den dort Studierenden.

So etwa die zwölf begehbaren Glaskuben zum Thema "Globalisierung – eine Welt". Als Projekt Glaspaläste sind sie derzeit in der Stadt unterwegs, in der der christliche Kirchenreformator Martin Luther vor 500 Jahren durch das Anschlagen seiner 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche Geschichte schrieb.

Türkei-Projekt

Wer die Kuben betritt, wird zum Beispiel über das gemeinsame Projekt von Schülern des süddeutschen Gymnasiums Ottobrunn mit einer griechisch-orthodoxen Schule im türkischen Istanbul informiert. Nach einem vielversprechenden Beginn – ausgehend von der Ähnlichkeit der beiden Schulgebäude – wollte man zu Gleichheiten und Differenzen des Schülerlebens in Deutschland und der Türkei arbeiten. Die im Februar gestarteten Gespräche mit der Istanbuler Schulleitung waren positiv. Doch im Zuge der zunehmenden Repression in der Türkei versandeten sie.

Arbeitstitel des Glaspaläste-Projekts sei die Frage gewesen, warum es Grenzen gibt – und was sie vielfach unüberwindlich macht, sagt Irmi Voglmayr, Uni-Lektorin und Ausstellungsmitgestalterin. Drei Semester feilte sie mit Teilnehmern an ihrer Lehrveranstaltung am Wiener Institut für Soziologie an dem "transkulturellen Ausstellungskonzept".

Das Ergebnis sind "Glaspaläste", in denen es etwa um die "Grenzen des Geschmacks" (Wien-Palast) geht, um den Islam und den Sikhismus (Bamiyan-Amritsar-Palast) oder auch um Kunst im heutigen Bagdad (Bagdad-Palast, der vom irakischen Künstler Kadir Fadhel mitgestaltet wurden). Entworfen wurden die Kuben von der deutschen Künstlerin Michaela Rotsch. Im Rahmen einer Gastprofessur an der Uni Wien konzipierte sie sie als mobile Ausstellungsflächen.

Geflochtene Boote

Die Flüchtlingsboote im Mittelmeer sind Thema des zweiten aus Österreich stammenden Projekts unter künstlerischer Gesamtleitung Michael Ebners. Studierende aus Kuchl bei Salzburg, Barcelona, Paris, Basel und Istanbul flochten bis zu sechs Meter lange Boote, die auf dem Schwanenteich in Wittenberg schwimmen. Die seit Mitte Mai stattfindende Weltausstellung Wittenberg läuft bis Mitte September. (Irene Brickner, 29.6.2017)