Boulogne-sur-Mer – Aus Liebe half eine frühere Front-National-Anhängerin einem iranischen Flüchtling aus Calais nach Großbritannien – DER STANDARD berichtete. Jetzt ist die Frau trotz Schuldspruchs einer Strafe entgangen. Das Strafgericht der nordfranzösischen Stadt Boulogne-sur-Mer sprach Beatrice Huret am Dienstag zwar der illegalen Flüchtlingshilfe schuldig. Das Gericht verzichtete aber auf eine Bestrafung der 44-Jährigen.

Die Witwe eines französischen Grenzpolizisten und frühere Wählerin der rechtspopulistischen Front National hatte 2015 begonnen, Menschen im Flüchtlingslager von Calais ehrenamtlich zu helfen. Im berüchtigten "Dschungel" von Calais lernte sie einen iranischen Flüchtling kennen, der sich aus Protest gegen eine Teilräumung des Lagers den Mund zugenäht hatte. Sie verliebte sich in den Mann, der über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangen wollte, und brachte ihn später bei sich unter.

Regelmäßige Besuche in Großbritannien

2016 kaufte sie über das Internet ein Boot und organisierte für den Iraner und zwei seiner Landsleute die Überfahrt nach Großbritannien. Die drei wurden von der britischen Küstenwache geborgen. Der Iraner, in den sich Huret verliebt hatte, erhielt später Flüchtlingsstatus. Die Französin besucht ihn nach eigenen Angaben regelmäßig in Großbritannien.

"Ich erwarte von diesem Prozess, dass man versteht, was ich getan habe und warum", sagte Huret am Dienstag vor Prozessauftakt. "Ich weiß, was ich getan habe. Ich stehe dazu, ein Boot gekauft, es zu Wasser gelassen und sie (die drei iranische Flüchtlinge) zum Strand gebracht zu haben."

"Solidarität nicht um jeden Preis"

"Solidarität ist löblich, aber nicht um jeden Preis", argumentierte Staatsanwältin Camille Gourlin. "Was das Recht in Sachen Solidarität toleriert, wurde überschritten." Die Staatsanwaltschaft forderte ein Jahr Gefängnis auf Bewährung gegen Huret.

Das Gericht sah aber von einer Strafe ab. Er erklärte unter anderem, die Hilfe für die Flüchtlinge sei nicht "bandenmäßig" organisiert gewesen. (APA, 28.6.2017)