Ab einem gewissen Alter wollen Kinder nicht mehr mit den Eltern auf Urlaub fahren – wie sollen die Erwachsenen darauf reagieren?

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Leonhard und seine Frau Sybille haben mit ihren drei Kindern – Leonie (16), Philip (14) und Valerie (10) – vor einigen Monaten den gemeinsamen Urlaub im August geplant. Während Philip und Valerie sich schon auf den Strandurlaub freuen, möchte Leonie jetzt doch nicht mitfahren. Sie würde lieber mit zwei Freundinnen zelten gehen.

Wie jedes Jahr will Oma Hertha mit ihren zwei Enkelkindern Alexandra (13) und Emily (9) für zwei Wochen in den Zweitwohnsitz nach Kärnten fahren. Bis jetzt haben die Kinder immer gern mitgemacht. Seit einigen Wochen hört die Mama von Alexandra immer öfters, dass diese nicht mir ihrer Oma so viel Zeit verbringen und lieber allein zu Hause bleiben möchte.

Da die 13-jährige Franziska im Zeugnis eine schlechte Note im Fach Englisch hat, haben die Eltern entschieden, dass ihre Tochter für drei Wochen eine Sprachreise machen muss. Zuerst hat sich das Mädchen auch sehr darauf gefreut, doch je näher dieser Urlaub kommt, desto hartnäckiger betont sie, dass sie da ganz sicher nicht hinfahren wird.

Wie immer gemeinsam auf Urlaub

Je jünger die Kinder sind, desto leichter ist es für die Familie, einen Urlaubsort zu finden, an dem alle Beteiligten sich gleichermaßen wohlfühlen können. Da die Kleinen noch nicht viel gesehen und erlebt haben, kann jeder Urlaub zu einem großen Abenteuer werden. Meist sind die Neugierde der Kinder und die Begeisterung der Eltern über die gemeinsame Zeit und den Urlaub so verbindend, dass egal wohin auch immer die Reise geht, vieles in schöner Erinnerung bleiben kann. Doch je älter die Kinder, desto schwieriger kann es werden, einen Ort zu finden, an dem alle Beteiligten entspannen können und wo gleichermaßen für jeden etwas Passendes dabei ist.

Das gemeinsame Planen des Urlaubs

Optimalerweise sitzt dann die ganze Familie zusammen und überlegt, wohin die Reise gehen soll. Dabei treffen die unterschiedlichsten Vorstellungen aufeinander. Es sollte zur Zufriedenheit aller darum gehen, einen Kompromiss unter den Familienmitgliedern zu finden, wie die Urlaubsgestaltung aussehen soll. Neben der Zeitplanung der Eltern spielt bei der Auswahl des Urlaubsortes auch der finanzielle Hintergrund eine große Rolle. Somit ist der mögliche gemeinsame Familienurlaub immer getragen von Wünschen und Kompromissen.

Was, wenn Jugendliche nicht mehr mitfahren möchten?

Teenager haben ihre ganz eigene Vorstellung davon, wie sie ihren Urlaub/ihre Ferien verbringen möchten. Plötzlich sieht sich die Familie dann damit konfrontiert, dass auf einmal der gemeinsame Urlaub boykottiert wird. Hier sind die Eltern dann gefragt, sich zu überlegen, ab wann das Kind nicht mehr mitfahren muss und wohin zu fahren oder was zu tun ihm stattdessen erlaubt wird.

Mitunter sind es dann die jüngeren Geschwister, die traurig zurückbleiben, ihre große Schwester oder ihren großen Bruder vermissen und so sehr wollen, dass sie mitfahren. Hier kann dann mit den Kindern schon durchaus mal die erste große Diskussion darüber ausbrechen, wieso die Teenager nicht in den Urlaub mitmüssen, die jüngeren Kinder aber schon.

Der Vergleich mit der eigenen Jugend

Oftmals haben Eltern vergessen, dass sie selber vielleicht auch im Alter ihres Kindes den gemeinsamen Sommerurlaub entweder ganz verweigert haben oder zumindest nur nach gegenseitigen Übereinkünften mit den Bezugspersonen widerwillig mitgefahren sind.

Hier wird es vermutlich darum gehen, dass beide Seiten sich auf eine gute Lösung einigen. Womöglich sind Feriencamp oder eine Sprachreise, die begleitet werden, aber doch ohne die eigenen Eltern stattfinden, erste Möglichkeiten, um allein und doch nicht so ganz auf sich alleingestellt wegzufahren. Geht es doch schließlich den Teenagern darum, sich selbst und ihre Grenzen und das Ausleben der Eigenständigkeit auszuprobieren. Bedeutet so ein Urlaub ohne Eltern und Bezugspersonen doch ein gewisses Maß an Freiheit im eigenen Tun zu erleben.

Ein Kompromiss um jeden Preis

Klar ist, dass Kinder im selben Alter nicht unbedingt die gleichen Wünsche und Bedürfnisse haben. So gibt es Teenager, die sehr gern mit ihrer eigenen Familie oder den Großeltern wegfahren. Es kommt ihnen sicherer vor, und oft ist es auch das vertraute Gefühl, dass sie dazu motiviert, am gemeinsamen Familienurlaub teilzunehmen.

Manchmal kann es auch wichtig sein, dass eine Freundin oder ein Freund mitfahren darf. So fühlen sich Teenager dann etwas freier und können den Kompromiss des Urlaubs mit den Eltern und Geschwistern besser eingehen.

Langsames Hineinwachsen in das Erwachsenwerden

Dann gibt es Eltern, die ihren Kindern zutrauen, ab einem gewissen Alter auch allein für eine bestimmte Zeit wegzufahren. Dagegen haben andere solche Angst um ihren Nachwuchs, dass dieser um jede freie Minute mit Freunden hart kämpfen muss. Wiederum andere verpflichten ihre Teenager dazu, einfach mitfahren zu müssen.

Manchmal kann der Kompromiss daraus bestehen, wenigstens allein zu Hause bleiben zu dürfen und unter Omas Kontrolle die Zeit in der eigenen Wohnung zu verbringen. Oder aber es passiert umgekehrt. Die Kinder und Jugendlichen werden alle auf Reise geschickt, damit die Eltern ihrer Arbeit weiterhin nachgehen können und die Kinder in den Ferienzeiten gut betreut sind. Jede Familie ist einzigartig, und genauso gibt es eine Vielzahl an Entscheidungen, die auf unterschiedlichste Art und Weise innerhalb dieser getroffen werden.

Entscheidungen nicht nur für Eltern

Bei allen getroffenen Entscheidungen ist es wichtig, dass es Eltern und Bezugspersonen bewusst sein muss, dass es ihrem Nachwuchs vermutlich meist darum geht, sich selbst als so verantwortungsbewusst und in ihren Handlungen so frei wie möglich zu erleben.

Es ist ein Teil des Hineinwachsens ins eigene Leben und in die eigenen Entscheidungen, die selbstverständlich zuerst mit den Eltern und Bezugspersonen zu treffen sind. Im Laufe des Älterwerdens läuft es immer mehr darauf hinaus, dass Eltern und Bezugspersonen Unterstützung anbieten können, aber nicht mehr nur allein Entscheidungsträgerinnen und -träger über das Leben ihres Nachwuchses sind.

Einschätzen und Zutrauen

Eltern und Bezugspersonen sind es, die ihre Kinder und Jugendlichen am besten kennen und wissen, wie viel an Eigenverantwortung sie ihrem Teenager übertragen können. Sie wissen darum, ob es ihrem Jugendlichen zuzutrauen ist, dass er auf sich selbst achten und mit dieser herausfordernden Situation zurechtkommen kann.

Danach werden verantwortungsbewusste Eltern im Sinne ihres Kindes entscheiden. Auch wenn es klar ist, dass da Sorgen und Ängste in den Eltern aufkommen und diese auch erst in die Eigenständigkeit ihrer Tochter oder ihres Sohnes hineinwachsen müssen.

Es ist notwendig, dass den Eltern und Bezugspersonen klar ist, dass der Jugendliche mit seiner Entscheidung, ohne Familie Urlaub machen zu wollen, sich nicht gegen diese stellt, sondern ein Stück weit versucht, sein Leben selbst zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen. Und natürlich ist es für Eltern mitunter traurig, diese Veränderungen zu akzeptieren und dem eigenen Kind nach und nach diese Freiheiten einzuräumen.

Ihre Erfahrungen?

Ab welchem Alter darf Ihr Kind allein auf Urlaub fahren? Welche Kompromisse gehen Eltern und Bezugspersonen für ihren Nachwuchs ein? In welchem Alter sind Sie erstmals nicht mehr in den gemeinsamen Familienurlaub mitgefahren? Welche Erinnerungen haben Sie an diesen ersten Urlaub allein? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 30.6.2017)