Peter Pilz kann seine Enttäuschung nicht verhehlen: Die Begleichung offener Rechnungen in der Partei sei über dem gemeinsamen Erfolg für die Grünen gestanden.

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Die Mailbox von Pilz geht über, er kommt gar nicht dazu, die vielen SMS zu beantworten, geschweige denn auf die Anrufe zu reagieren.

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Wien – Der Grüne Peter Pilz, der am Sonntag mit einer Kandidatur auf der Bundesliste der Grünen gescheitert war, lehnt ein Angebot der SPÖ, für sie anzutreten, ab. Er will dezidiert auch für keine andere Partei antreten, sagt Pilz im Gespräch mit dem STANDARD.

Das Angebot der SPÖ an Peter Pilz.
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Für die Grünen einen Vorzugsstimmenwahlkampf auf einem hinteren Platz auf deren Liste zu führen, komme für ihn ebenfalls nicht infrage, ein dementsprechendes Angebot von Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek schlug Pilz am Montag ebenfalls aus. "Das ist für mich erledigt", sagte er.

Nicht gänzlich ausschließen will Pilz, dass er mit einer eigenen Liste antreten könnte. Es gebe aber noch keinerlei konkreten Pläne. Vorerst konzentriere er sich auf den Eurofighter-Ausschuss, danach werde er weitere Pläne besprechen.

One-Man-Show

Peter Pilz ist eine One-Man-Show, war er immer, ist er heute noch, selbst nach seiner Niederlage bei der grünen Listenerstellung für die Nationalratswahl. Die Mailbox von Pilz geht über, er kommt gar nicht dazu, die vielen SMS zu beantworten, geschweige denn auf die Anrufe zu reagieren. Bei den Grünen geht es am Tag nach der Erstellung der Bundesliste nicht um Ulrike Lunacek, die Spitzenkandidatin, sondern wieder einmal um Peter Pilz. Dass er nicht mehr im Nationalrat vertreten sein und im Wahlkampf keine Rolle spielen soll, zumindest nicht im positiven Sinn, sorgt bei vielen Funktionären der Grünen für Verstörung und Verärgerung, bei manchen anderen wohl auch für Genugtuung.

Keine Berührungsängste

Pilz hat immer polarisiert, erst recht in den eigenen Reihen. Das Programm von Pilz hieß immer auch Pilz, egal, um welches Thema es sich handelte. Damit war Pilz erfolgreich, damit war er für seine eigene Partei erfolgreich. Pilz ist ein Meister der Vermarktung, ihm ist es immer gelungen, geschickt die Medien zu bedienen, und wenn ihm der Boulevard bei der Umsetzung seiner Anliegen helfen konnte, dann hatte er hier keinerlei Berührungsängste. Auch mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der politisch gesehen sein dezidierter Feind ist, setzt er sich scherzend zusammen, wenn es für den Transport inhaltlicher Anliegen hilfreich erscheint. Seine Allianz mit der FPÖ zur Umsetzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses mag so manche bei den Grünen verschreckt haben.

So kritisch sich Pilz gelegentlich über seine eigene Partei äußerte, meist nicht öffentlich, sondern hinter vorgehaltener Hand oder in den Gremien, sosehr hat er sich mit den Grünen auch identifiziert. Pilz ist Gründungsmitglied, und er saß mit Unterbrechungen seit 1986 als Abgeordneter im Parlament. Zwischendurch war er Klubobmann der Grünen im Wiener Rathaus, zwei Jahre lang war er Bundessprecher seiner Partei. Und er focht viele interne Gefechte aus, stand Intrigen durch, machte sich Feinde – auf politischer Ebene wie auch persönlicher.

Schaden für die Grünen

Dass er jetzt gehen soll, macht ihn betroffen, auch wenn er selbst sagt, er sei nicht unglücklich, sondern nahezu erleichtert. Dass sein Abgang einen Schaden für die Grünen darstellt, sagen nicht nur andere, das sieht er selbst so, Bescheidenheit war nie ein Maßstab, an dem er sich gemessen hat. Dass er doch noch ein Angebot der Grünen annehmen werde, auf einem hinteren Listenplatz anzutreten, schloss er am Montag aus. Das sei für ihn "erledigt", sagt Pilz im Gespräch mit dem STANDARD. Offenbar ist die Verbitterung über die fehlende Zuneigung aus den eigenen Reihen viel zu groß. Dass die Grünen die Abrechnung mit einem Schwierigen aus den eigenen Reihen über das Streben nach einem gemeinsamen Wahlerfolg stellen, stößt beim Betroffenen auf kein Verständnis. Er wolle jedenfalls keinen Vorzugsstimmenwahlkampf für die Grünen führen. Das sei er anderen Mitstreitern schuldig, die es nicht auf die Liste schafften. Ihm gehe es nicht nur um das eigene Mandat.

In diesem Zusammenhang wird bereits spekuliert, ob Pilz woanders oder mit einer eigenen Liste antreten könnte. Dass der 63-Jährige bei einer anderen Partei andocken könnte, schließt er aus. Eine eigene Liste war dagegen schon öfter im Gespräch, Pilz selbst hatte das in den vergangenen Monaten nicht ausgeschlossen, aber nie ernsthaft verfolgt. Er selbst sagt, dass er derzeit kein konkretes Projekt verfolge, er werde sich dazu aber noch mit seiner Frau beraten. Die Zeit für eine Umsetzung einer eigenständigen Kandidatur ist knapp, unmöglich ist es nicht, zumal Pilz ein Arbeitstier ist, das keinen Aufwand scheut.

Keine Rücksicht

Der Grüne hatte immer eigene Ideen, wie politischer Erfolg einzustreifen wäre, und er ist dabei in den eigenen Gremien oft genug auf Widerstand gestoßen. Ein Beispiel ist der "linke Populismus", den er eingefordert hatte, auch wenn er einräumen musste, dass die Begrifflichkeit schon für Missverständnisse gesorgt hat. Jetzt hätte Pilz Gelegenheit, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten anderer sein Programm zu propagieren – als Kritiker der Grünen oder als Umsetzer eigener Vorstellungen. (Michael Völker, 26.6.2017)