Der Oberste Gerichtshof der USA in Washington.

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Der Oberste Gerichtshof der USA hat am Montag eine Einreisesperre für Bürger aus sechs muslimisch geprägten Ländern in abgeschwächter Form für zulässig erklärt. Damit kassiert es die Urteile unterer Instanzen, die entsprechende Dekrete der Regierung Donald Trumps als verfassungswidrig eingestuft hatten, weil sie gegen den Grundsatz der Religionsfreiheit verstoßen. Im Herbst will das Gericht endgültig über den Fall entscheiden.

Betroffen sind Staatangehörige aus Iran, dem Jemen, Libyen, Somalia, dem Sudan und Syrien. Das Weiße Haus wollte ihnen für zunächst drei Monate die Einreise untersagen, indem es sich auf die nationale Sicherheit und die Abwehr potenzieller Terroristen berief. Das Gericht gibt der Exekutive im Prinzip Recht: Es sei zwingend erforderlich, dass die Regierung die Sicherheit der Nation gewährleiste. Gleichwohl besteht die höchste Instanz auf wichtigen Ausnahmen.

Einreisen dürfen Personen, die, so wörtlich, glaubwürdig nachweisen können, dass sie Bona-fide-Beziehungen zu einer Person oder einem Rechtsträger in den Vereinigten Staaten unterhalten. Also jemand, der Verwandte besuchen oder bei ihnen leben wolle. Auch Studenten, die an amerikanischen Universitäten zugelassen seien, müsse die Einreise gestattet werden. Gleiches gelte für Beschäftigte, denen ein US-Unternehmen einen Job angeboten habe, oder für Dozenten.

Drei der neun Höchstrichter, die stramm konservativen Juristen Samuel Alito, Neil Gorsuch und Clarence Thomas, hatten darauf beharrt, Trumps Dekret ohne Abstriche für rechtens zu erklären. Sonderregelungen, schreiben sie, hätten nur eine Lawine von Verfahren zur Folge, in denen es um Einzelfallauslegung gehen werde. Die Berufung Gorsuchs, eines von Trump kurz nach seinem Amtsantritt berufenen Richter, bedeutet eine Verschiebung der Kräftebalance zu Gunsten der Konservativen. Nach einem einjährigen Patt sind es nun fünf konservative Juristen, die vier eher liberal gesinnten Kollegen gegenüberstehen.

Mit heißer Nadel gestrickt, hatte Trump bereits im Jänner, wenige Tage nach seiner Vereidigung, das erste Einreiseverbot erlassen. Es führte zu chaotischen Szenen an den Flughäfen, bevor Richter in mehreren Bundesstaaten das Dekret außer Kraft setzten. Im März kam die nächste Version: Iraker standen nun nicht mehr auf der Liste, ein Passus, der Einwanderer christlichen Glaubens bevorzugte, wurde kassiert. Doch trotz der Korrekturen hatte Trump ein ums andere Mal, zuletzt vor Bundesrichtern in Richmond, Schiffbruch erlitten – insofern kommt das Urteil des Supreme Court für manche überraschend.

Kein Wunder, dass der Staatschef triumphierende Töne anschlug. Die Entscheidung bedeute einen "klaren Sieg für unsere nationale Sicherheit" , erklärte er in einem schriftlichen Statement. Als Präsident könne er keine Leute ins Land lassen, die "uns Schaden zufügen wollen". Die konkreten Auswirkungen, etwa, ab wann das Verbot nun in Kraft tritt, blieben zunächst unklar

Im Herbst dürfte am Supreme Court auch ein anderes Thema auf dem Programm stehen: Das Höchstgericht hat entschieden, den Fall eines Konditors aus dem US-Bundesstaat Colorado zu verhandeln, der keine Hochzeitstorte für ein homosexuelles Paar backen wollte. Er beruft sich auf religiöse Gründe, Bürgerrechtler werfen ihm Diskriminierung vor. (Frank Herrmann aus Washington, 26.6.2017)