Peter Pilz wird nach 31 Jahren das Parlament verlassen. Er wollte Listenplatz vier, der grüne Bundeskongress wollte das nicht.

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Wien – "Hüte dich vor den Schwachen!" lautet der erste Satz, mit dem der ehemalige grüne Spitzenpolitiker Johannes Voggenhuber seiner Empörung über das vom grünen Bundeskongress in Linz beschlossene Aus für Peter Pilz im Nationalrat Luft macht. Auf Facebook liest der ehemalige Bundesgeschäftsführer (1988–1991) und Klubobmann (1990–1992), der bis 2009 für die Grünen im EU-Parlament war, seiner Partei die Leviten. "Endlich" habe sie "auch Peter Pilz zur Strecke gebracht. Endlich sind sie ganz unter sich", schreibt Voggenhuber.

Der grüne Bundeskongress am Sonntag hätte eigentlich der Tag der neuen Doppelspitze werden sollen. Überschattet wurde er jedoch von Peter Pilz' Abschied aus der Politik.
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"Auch" deswegen, weil Voggenhuber selbst 2009 ebenfalls nicht mehr in die Kandidatenliste für die EU-Wahl aufgenommen worden war. Bei einer Sitzung des erweiterten Bundesvorstands hatte damals eine Mehrheit gegen Voggenhuber gestimmt.

Voggenhuber war damals beim Bundeskongress im Kampf um den ersten Listenplatz recht knapp gegen Ulrike Lunacek gescheitert, die am Sonntag in Linz zur Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl am 15. Oktober gewählt wurde. Danach wollte der damalige Delegationsleiter der Grünen im EU-Parlament einen jener Kandidatenplätze erhalten, die nicht vom Kongress gewählt, sondern vom erweiterten Bundesvorstand vergeben werden. Ins EU-Parlament wollte er über Vorzugsstimmen einziehen.

Voggenhuber: "Grüner Intrigenstadel"

Nun also sei nach dem Abgang von Peter Pilz "endlich niemand mehr da, der sie an irgendwelche ihrer längst begrabenen Gründungsideen erinnert" oder "seinen Kopf aus der Menge der Mittelmäßigen steckt", schreibt Voggenhuber. Er spricht von einem "grünen Intrigenstadel", von der "hauseigenen grünen Giftküche" und der "grünen Gerüchteküche". Pilz sei "einer der wenigen, die sagen können: Was wäre die Partei ohne mich, statt wie sie: Was wäre ich ohne die Partei?"

Voggenhuber kritisiert auch, dass das Ganze "auch diesmal" als "Verjüngung der Partei" verkauft werde, "wenige Wochen nachdem sie die Jungen Grünen aus der Partei geworfen haben, während sie eine gerade einmal drei Jahre Jüngere an die Spitze hieven (im Stile von Uraltparteien mit 96,5 Prozent ohne Gegenkandidatinnen natürlich)". Lunacek wurde mit dieser Zustimmung zur Spitzenkandidatin bestellt.

"Lippenstiftverschmierter Küsserkönig" statt Pilz

Julian Schmid, der Jugendsprecher der Grünen, dem Pilz am Sonntag bei der Wahl zum vierten Listenplatz unterlag, würdigt Voggenhuber in seinem Facebook-Eintrag so: "'Natürlich' ist es der faire demokratische Wettstreit der besten Köpfe, wenn Peter Pilz einem Gegenkandidaten unterliegt, von dem selbst Insider nicht mehr kennen als einen Streik in einer Schulkantine und ein Plakat als lippenstiftverschmierter Küsserkönig – trotz vier Jahren im Nationalrat!"

Jedenfalls würden die Grünen mit der Pilz-Abwahl eine ihrer Gründungspersönlichkeiten "verhöhnen" und "einen politischen Kopf, auf den sie in ihrer kläglichen Verfassung in einer hochdramatischen innenpolitischen Auseinandersetzung mehr als angewiesen wären. Aber nicht nur! Sie verhöhnen damit ihre Wählerinnen und Wähler."

Auch Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger reagierte auf Facebook und konstatiert dort: "Bei diesem Bundeskongress hat die Weisheit der Delegierten Pause gemacht."

Pilz selbst bedankte sich am Montagmorgen auf Twitter für die Unterstützung, "die mir alles leichter macht".

Quasi-Unterstützung kam Montagvormittag auch von der SPÖ. Ein Seitenwechsel von Peter Pilz von Grün zu Rot wäre ein "verlockender Gedanke", meinte SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Falls Pilz nach seiner Nichtnominierung Interesse hätte und ein entsprechendes Zeichen gäbe, würde er sofort ernsthaft darüber nachdenken, sagte Schieder bei einer Pressekonferenz.

Schieder schätzt Pilz' Arbeit.
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Wie der rote Klubchef betonte, schätze er Pilz' Arbeit als Aufdecker. Schieders Glaube, dass Pilz tatsächlich verfügbar werden könnte, hält sich freilich in Grenzen. Denn dieser habe schon einmal eine schmerzhafte Trennung von der SPÖ vollzogen, erinnerte der rote Klubobmann indirekt daran, dass Pilz dereinst vom jungen Michael Häupl aus dem Verband der sozialistischen Studenten ausgeschlossen worden war.

Kurze Zeit später verkündete Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek bei einer Pressekonferenz, dass der Bundesvorstand einstimmig beschlossen habe, Pilz auf Platz 14 zu listen und ihm damit einen Vorzugsstimmenwahlkampf zu ermöglichen. Etwas, das Pilz schon am Sonntag abgelehnt hat: "Unsere Wege haben sich in Linz getrennt." (nim, APA, 26.6.2017)