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Im Kampf von Verbrauchern gegen Datenriesen wie Facebook gibt der Gesetzesentwurf wenig Hilfe.

Foto: AP / Noah Berger

Wien – Seit dem vergangenen Jahr liegt mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (VO [EU] 2016/679, kurz EU-DSGVO) das neue Unionsrecht zum Datenschutz vor. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Richtlinie der EU, also ein Rahmengesetz, welches den Mitgliedstaaten mehr oder weniger Spielraum bei der Umsetzung ließe.

Die EU-DSGVO ist vielmehr eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates, die ab 25. Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten in ihrem gesamten Wortlaut uneingeschränkt rechtsverbindlich und unmittelbar anwendbar sein wird.

Dennoch bedarf die EU-DSGVO zu ihrer praktischen Durchführbarkeit begleitender nationaler Gesetze. So regelt die EU-DSGVO manche Materien nur auf der zwischenstaatlichen Ebene, etwa welcher Mitgliedstaat für gerichtliche Klagen international zuständig ist. Die Frage hingegen, welches konkrete Gericht sachlich und örtlich zuständig ist, überlässt die EU dem nationalen Gesetzgeber.

Freiraum für Mitgliedstaaten

Darüber hinaus eröffnet die EU-DSGVO auch in einer Reihe von inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Fragen den Mitgliedstaaten Spielräume – sogenannte Öffnungsklauseln. So können nationale Gesetzgeber vorsehen, dass Konsumenten ihre Rechte nicht nur selbst oder mithilfe eines Rechtsanwalts geltend machen können. Sie können damit auch spezielle Non-Profit-Organisationen (NPOs) beauftragen. Eine ähnliche Vertretungsbefugnis kennt Österreich seit langem etwa im Miet- oder Arbeitsrecht.

Vor allem aber sieht die EU-DSGVO eine für effektiven Datenschutz bedeutsame zusätzliche Form der Rechtsdurchsetzung vor: die echte Verbandsklage. Die genannten NPOs können, falls der nationale Gesetzgeber diese Öffnungsklausel nutzt, die Interessen aller gleichartig betroffenen Konsumenten bei Gericht pauschal vertreten, ohne dass sich der einzelne Konsument an die NPO wenden müsste (ausgenommen Schadenersatz).

Derartige Verbandsklagen haben in Österreich eine lange und erfolgreiche Tradition. So sehen sowohl das Konsumentenschutzgesetz als auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) derartige Verbandsklagen vor, z. B. um per Gerichtsurteil die Unterlassung gesetzwidriger Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGBs) oder irreführender Werbung zu erreichen.

Keine Datenschutz-Verbandsklage

Der vorgelegte Entwurf eines neuen österreichischen DSG nutzt diese Möglichkeiten leider nur unzureichend. Anders als etwa Deutschland (dort: § 2 Abs 2 Z 11 Unterlassungsklagengesetz) sieht der Entwurf keine Datenschutz-Verbandsklage vor. Das kritisiert auch die AK. Österreichs Konsumenten wird damit das wichtigste Instrument einer effektiven Vertretung ihrer Rechte vorenthalten.

Zu kritisieren ist auch folgender Umstand: Die EU-DSGVO schreibt ausdrücklich vor, dass jeder betroffenen Person zur Durchsetzung ihrer Rechte unbeschadet der Möglichkeit, die nationale Aufsichtsbehörde (in Österreich: Datenschutzbehörde, DSB) anzurufen, ein wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelf zur Verfügung stehen muss.

Die Rechte nach der EU-DSGVO sind vielfältig. Sie reichen vom Recht auf Auskunft über das Recht auf Berichtigung und Löschung ("Recht auf Vergessenwerden") bis hin zum Recht darauf, keinen automatisierten Entscheidungen unterworfen zu werden (insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten Profiling). Bezüglich all dieser Rechte sichert die EU-DSGVO betroffenen Personen ausdrücklich freien Zugang zu den Gerichten zu (z. B. Klagen auf Erfüllung der gesetzlichen Pflichten ebenso wie auf Unterlassung verbotenen Verhaltens).

Schlechter als jetzt

Der Entwurf hingegen will betroffenen Personen in Österreich ausschließlich eine Beschwerde an die DSB gewähren. Nur das Recht auf Schadenersatz soll vor Gericht eingeklagt werden können. Zwar soll gegen Bescheide der DSB eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung stehen.

Mit der Wirksamkeit einer gerichtlichen Klage lässt sich dies jedoch nicht vergleichen. Die Neuregelung würde damit eine deutliche Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Rechtslage bringen.

Das Kanzleramt rechtfertigt diese Einschränkung mit der Notwendigkeit, die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung zu beachten. Daher habe Österreich auch gegen die EU-DSGVO gestimmt. Allerdings ist diese nun einmal gültiges Unionsrecht und genießt Vorrang vor nationalen Gesetzen. Der österreichische Gesetzgeber wäre gut beraten, dies zu beachten. Auch das hohe Verbraucherschutzniveau, dessen sich Österreich bisher zu Recht rühmte, sollte gerade in der sensiblen Materie des Datenschutzes nicht preisgegeben werden. (Alexander Klauser, 28.6.2017)