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Die Österreicher treten in die Pedale, wenn auch zusehends motorisch unterstützt. Der Boom der E-Bikes sorgt auch heuer für Aufwind im Sporthandel. Der Trend zum Viertbike hat den Trend zum Zweitauto abgelöst, sagt Intersport-Chef Mathias Boenke.

DPA / Willnow

Wien – Intersport gewinnt in Österreich angesichts der Schwäche des britischen Rivalen Sports Direct Schritt für Schritt an Boden. Rund 60 Millionen Euro flossen in den vergangenen drei Jahren in 30 neue Standorte. 880 Arbeitsplätze entstanden. Sieben bis zehn weitere Filialen sind bis Jahresende in Arbeit. Zwei davon sind in Wiener Einkaufszentren geplant. Ein weiterer Schwerpunkt der Expansion ist Oberösterreich.

Sports Direct gab nach harten finanziellen Turbulenzen in Österreich bereits einige große Flächen an Intersport ab. Dem Vernehmen nach entwickelt die Gruppe nun auch gut zwei Drittel ihrer neuen Märkte auf ehemaligen Standorten des Diskonters. Die Briten wollen sich in Österreich von all ihren unprofitablen Filialen trennen, ist hinter den Kulissen des Unternehmens, das sich nach außen hin stets in Schweigen hüllt, zu hören. Sie könnten schließen oder Nachmietern übergeben werden.

Norweger starten im Herbst

Neben Intersport greift der Diskonter XXL zu: Die Norweger ziehen heuer und 2018 in zwei Märkte der Briten ein. Eröffnet wird diesen Herbst des Weiteren im Wiener Donauzentrum. Um den Ausbau flott voranzutreiben, stellt der Konzern gerade eine eigene Österreich-Organisation auf die Beine.

Hervis eröffnete im Mai in Wiener Neustadt – auch dieser Standort beherbergte einst Sports Direct. In Wien und Linz sucht zudem der französische Neueinsteiger Decathlon emsig nach Immobilien und hat dabei auch Flächen des Diskonters auf dem Radar. Ein Markt soll so gut wie fix sein.

Für Mitbewerber gilt Handelsriese Sports Direct, der vor vier Jahren 80 Sport Eybl- und Experts-Filialen übernahm, als so unberechenbar wie US-Präsident Donald Trump. Gewiss scheint allein: An mehr als 20 Shops will Sports Direct in Österreich nicht festhalten. Diese aber ließen sich im Harddiskont profitabel führen.

Dass es für die Briten nach der Schlappe in Österreich finanziell eng wird, zumal auch in Tschechien die Billigstrategie nicht aufgehen soll, gilt dennoch als wenig realistisch: Sie sind international unterm Strich nach wie vor hochprofitabel, vor allem in England brummt das Geschäft.

Eine Einschätzung über das Gebaren der Konkurrenten ist Intersport-Österreich-Geschäftsführer Mathias Boenke nicht abzuringen. Er gibt allein Einblick in die eigenen Geschäfte. Von Oktober bis Ende Mai seien die Umsätze um 16 Prozent gestiegen, rechnet er vor. Flächenbereinigt sei die Gruppe, die 108 selbstständige Händler unter ihrem Dach vereint, um acht Prozent gewachsen.

Höherer Profit

"Fast alle unserer Händler verdienen Geld, viele gutes Geld, einige sehr gutes", sagt Boenke. Die Profitabilität ihrer Betriebe habe sich seit 2014 verdreifacht. Auch die Zentrale habe die Ära der Verluste hinter sich gelassen. Nach dem Turnaround im abgelaufenen Geschäftsjahr zeichneten sich im laufenden höhere Gewinne ab.

Zehn Prozent des Umsatzes will Intersport in Zukunft online erzielen. International werde mittlerweile massiv in digitale Technologien investiert und die Kompetenz dafür im Amsterdam gebündelt. In Deutschland führte Intersport ein Modell zur Vergütung stationärer Händler ein, die Kunden, die via Internet bestellen, geografisch am nächsten gelegen sind. Dieses soll auf Österreich übertragen werden.

Ziel bleibe es dennoch, die Frequenz in den stationären Geschäften zu erhöhen, sagt Boenke. "Wir investieren jährlich 1,5 Millionen Euro in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter." Dass die Intersport-Zentrale zuletzt auch einiges Geld in eigene große Shops steckte und damit ihre Händler – die mit Eingliederung in die deutsche Intersport von Genossenschaftern zu stillen Gesellschaftern wurden – ausbootete, soll bei diesen auf weniger Gegenliebe gestoßen sein.

Versuchslabor

Boenke weist dies zurück. "Wir behandeln den eigenen Retail wie jeden anderen Händler auch." Die selbst geführten Filialen dienten als Versuchslabor, um Neues auf eigene Kosten zu testen. "Es liegt hier nicht der Feind im eigenen Bett." Eben erst gab die Zentrale im Tiroler Unterland drei Standorte ab: Sie werden künftig von der Wintersport Tirol betrieben, die unter anderem die Stubaier Gletscherbahnen besitzt.

Intersport Österreich setzt 540 Millionen Euro um. 272 Standorte sichern sich rund ein Viertel des Marktes in Österreich. Dieser ist seit drei Jahren im Aufwind und wächst heuer um ein bis zwei Prozent. Motor ist etwa das Geschäft mit E-Bikes, das innerhalb eines Jahres um 78 Prozent zulegte, sagt Boenke. "Das E-Bike ist kein Ersatz fürs normale Fahrrad, sondern für das Auto." Der Trend zum Viertbike als Lifestylevehikel habe jenen zum Zweitauto abgelöst. (Verena Kainrath, 25.6.2017)