In der Ausstellung "Klimt und die Antike" treffen Arbeiten Klimtsauf antike Exponate aus dem Kunsthistorischen Museum.

Foto: Belvedere, Wien

Wien – Einer innigen Begegnung von 2000 Jahre voneinander Entferntem wohnt man aktuell im Unteren Belvedere bei. Die Sommerausstellung in der Orangerie widmet sich der Beziehung Gustav Klimts zur Antike. Es handelt sich dabei aber um keine ganz gewöhnliche Schau zum Wiener Kunstsuperstar: Kurator Tobias G. Natter kombinierte die Arbeiten des Jugendstilkünstlers mit antikem Kunsthandwerk.

Ja, tatsächlich verlockt Klimt und die Antike dank Leihgaben aus dem Kunsthistorischen Museum nicht zuletzt als "archäologische" Ausstellung. Insbesondere eine Reihe von Exponaten der "attischen rotfigurigen Vasenmalerei", die um 500 v. Chr. entstand, will bestaunt werden. Auf wunderhübschen Gefäßen sind hier weniger mythologische Szenen denn Begebenheiten des Alltags abgebildet: zwischen Musikern, Tänzern oder Liebenden respektive Liebemachenden respektive Hetären und ihren Freiern.

Vor allem auf die Letzteren kommt es an. Ein Herzstück der Schau mit dem herzhaft niedrigschwelligen Untertitel Erotische Begegnungen ist eine 1907 ver öffentlichte Ausgabe der Hetärengespräche des Lukian. Der Grieche Lukian hatte sich im 2. Jahrhundert n. Chr. intensiv mit der Tradition der Hetären befasst; mit der Sitte dieser "Gefährtinnen", die ohne den Ruch der Dienstleistung, aber mitunter gegen materielle Zuwendungen erotische Beziehungen zu Männern eingingen. Und ebenso fasziniert war dann Franz Blei, der Lukians imaginierte Gespräche zwischen Hetären und Freiern für das Wien des Fin de Siècle übersetzte, bevor sie unter Einbindung von Illustrationen Klimts verlegt wurden.

Diesen 15 Gesprächen – sie heißen Die Flötenspielerin, Der für das Herz oder auch Die Lesbierinnen – sind Arrangements aus Akten sowie griechischer Kunst gewidmet. Und so begibt man sich auf die Suche nach dem Verhältnis zwischen jener antiken Lebenswelt, die die Griechen auf ihrer Keramik verewigten, und jenem "Geist der Antike", der Klimts Bildwelt innewohnt.

Die Zeichnungen Klimts in den Hetärengesprächen zeugen dabei von jenem freieren Umgang mit der Antike, zu dem der Künstler nach 1900 fand. Davor gibt es in der Orangerie auch Gelegenheit, die Auftragsarbeiten des Künstlers für das Burgtheater und das Kunsthistorische Museum mit antiken Vorbildern abzugleichen.

Von der Loslösung von der präzisen Wiedergabe der Vorbilder erzählen u. a. Replika des Beet hovenfrieses, den Klimt 1902 für eine Ausstellung der Secession entwarf. Zu sehen ist ein Teil, in dem Klimt die leere Fläche zur vollen Geltung kommen lässt, eine stilisierte Frauenfigur gleichsam schweben lässt – ein Stilmittel, das man dann auf einem gegenübergestellten, überraschend karg dekorierten Gefäß der Griechen wiederfindet. (Roman Gerold, 23.6.2017)