Wien – In den Grundzügen sind sich SPÖ und ÖVP bei der Gewerbeordnung seit Donnerstag einig. Wie berichtet soll es für die 440 freien Gewerbe einen zentralen Gewerbeschein geben. Wer aber in unterschiedlichen Fachgruppen tätig ist, wird auch in Zukunft nicht davor gefeit sein, zwei- oder mehrfach die Grundumlage zu zahlen.
Noch wenig Bewegung gab es bei den reglementierten Gewerben, also jenen, die nur nach Vorlage eines Befähigungsnachweises ausgeübt werden dürfen. Derzeit umfasst die Liste 80 Gewerbe. Die ÖVP ist hier nur zu kleineren Änderungen bereit.
Wenig Bewegung bei ÖVP
Dem Vernehmen nach kann sie sich vorstellen, die Arbeitsvermittlung sowie die Produktion von kosmetischen Artikeln zum freien Gewerbe zu erklären. Bei den Arbeitsvermittlern, die nicht zum ersten Mal diskutiert werden, gab es allerdings bisher SPÖ-intern Gegner, weil eine Senkung der Arbeitnehmerschutzstandards befürchtet wird.
Auf roter Seite wurden in der Vergangenheit unter anderem Glaser und Hohlglasschleifer, Buchbinder, Floristen, Metalldesigner oder Dekorateure als Beispiele genannt, wo man liberalisieren könnte. Offen ist aber, ob die SPÖ auch gegen den Nochkoalitionspartner stimmen würde. Bis jetzt hat das von Kanzler Christian Kern in Aussicht gestellte freie Spiel der Kräfte im Parlament ja nicht stattgefunden.
Opposition will mehr
Möglich scheinen bei der Gewerbeordnung jedenfalls Mehrheiten abseits der ÖVP. Sowohl von den Freiheitlichen als auch von den Grünen und den Neos gab es Signale, dass man zu einer Reduzierung der reglementierten Gewerbe bereit wäre.
Grüne und Neos haben auch bereits konkrete Konzepte erarbeitet. Da von Wirtschaftskammer-Seite immer wieder die Rede davon ist, dass Zugangshürden dort notwendig seien, wo es um den Schutz von Leib und Leben, Vermögen und Umwelt gehe, hat der grüne Wirtschaftssprecher Matthias Köchl alle reglementierten Gewerbe nach einem Punkteschema eingeteilt – von "gefahrlos" bis "Risiken vorhanden".
Eine Frage des Risikos
Keinerlei Risiko sieht er demnach bei Buchbindern und Fremdenführern, nur ein "leichtes Risiko" bei Damenkleidermachern, Drogisten, Kosmetikern, Kürschnern, Orgelbauern, Reisebüros, Sattlern und Uhrmachern.
Die Neos plädieren überhaupt für ein komplett neues System. Sie wollen nicht mehr zwischen reglementierten und freien Gewerben unterschieden, sondern alle Wirtschaftsbereiche in 26 Branchen zusammenfassen. Das Parlament soll dann beschließen, für welche Branchen es Befähigungsnachweise braucht, und alle fünf Jahre überprüfen, ob diese weiter nötig sind. (go, 23.6.2017)