Beim Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis 2016 war Selim Özdogan als "türkischer Autor" angeführt: Das habe den in seiner Geburtsstadt Köln lebenden Schriftsteller doch recht irritiert, dass man in Klagenfurt per Passkopie etikettiert werde. In Hohenems wiederum, wo diesen Samstag zum fünften Mal der Hohenemser Literaturpreis verliehen wird, geht es ums Schreiben in deutscher Sprache nach einem Aufwachsen mit anderer Muttersprache: Der Preisträger Selim Özdogan liest seine Geschichte ohne Papier, die Laudatio hält Anna Mitgutsch.
Zu den Auszeichnungen, die der 1971 geborene Özdogan bereits erhielt, zählt nicht nur der heuer zum letzten Mal vergebene, renommierte Adelbert-von-Chamisso-Preis, der ebenfalls literarisches Schaffen von Schreibenden nichtdeutscher Sprachherkunft würdigte – Özdogan reüssierte 1999.
Stipendien führten den Prosaautor nach Madrid und Michigan sowie nach Istanbul. Dort arbeitete der Satiriker, der sich Migrations- und Integrationsthemen in seinen frühen Publikationen verweigert hatte, an Wieso Heimat, ich wohne zur Miete. Der Romanheld Krishna Mustafa erleidet dabei akute Schlafanfälle, ausgelöst durch das Erklingen von Nationalhymnen – und der Sofortschlaf tritt auch dann ein, wenn die jeweilige Hymne dem Hörer gar nicht bekannt ist.
Wirklich nicht zum Wegpennen sind Selim Özdogans Geschichten, Romane, Tagebücher und Kolumnen, auch auf bislang sechs CDs vorliegend. In Buchform erscheint Özdogans Literatur seit fünf Jahren im Haymon-Verlag, der im Herbst Wo noch Licht brennt herausbringt.
Noch weiter voraus lugt der Schriftsteller selbst, der auf seiner "Heimseite" im Internet unter anderem einen Kriminalroman sowie für "ca. 2021" den Roman Bassschamanen ankündigt. (pen, 23.6.2017)