Bild nicht mehr verfügbar.

Schwierige Verhältnisse: Maike Kohl-Richer (Mitte) soll zunächst nicht gewollt haben, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei der Trauerfeier für Helmut Kohl das Wort ergreift.

Foto: AP / Markus Schreiber

Norbert Lammert (CDU) ist keiner, der das offene Wort scheut. Und so steht der deutsche Bundestagspräsident am Donnerstag im Reichstag und spricht nicht nur würdigende Worte über den am Freitag verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl, sondern sagt auch: "Er war bisweilen eine außergewöhnlich sture Persönlichkeit."

An den Gesichtern vieler Abgeordneten ist durchaus Zustimmung abzulesen. Man würde in diesem Moment gerne in die Köpfe von Kanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) schauen, die alle anwesend sind.

Die beiden Letztgenannten könnte derzeit eigentlich eine protokollarische Aufgabe verbinden. Im Falle eines Staatsaktes sind Bundespräsidialamt und Innenministerium mit der Ausrichtung betraut. Allerdings: Es wird, obwohl Kohl 16 Jahre lang Kanzler war (1982 bis 1998), keinen derartigen Akt geben, "auf Wunsch der Witwe des Verstorbenen", wie es in einer Aussendung heißt.

Dass Kohls zweiter Ehefrau Maike Kohl-Richter in dieser Aussendung nicht einmal mehr ein Name gegönnt ist, sondern sie nur "die Witwe" genannt wird, spricht Bände und zeigt, wie tief die Gräben zwischen den Akteuren über Kohls Tod hinaus sind.

Bei einem nationalen Staatsakt würde auch der Bundespräsident eine Rede halten, im aktuellen Fall eben Frank-Walter Steinmeier. Der aber wurde 1998, als Gerhard Schröder Kohl ablöste, Chef des Kanzleramtes und warf Kohl später vor, er habe vor der Übergabe noch unrechtmäßig Dateien und Akten löschen lassen. Es gab dazu auch einen Untersuchungsausschuss und Ermittlungen.

"Unmäßig in Feindschaft"

Ein rechtswidriger Aufruf zu diesen "Bundeslöschtagen" wurde nie nachgewiesen, aber Kohl pflegte seither einen Groll auf Steinmeier, den die Süddeutsche Zeitung einmal so beschrieb: "überschwänglich in der Freundschaft, unmäßig in seiner Feindschaft".

Die Begründung, warum Kohl keinen Staatsakt in Deutschland wollte, war übrigens in der Bild-Zeitung zu lesen. Diese ist gewöhnlich gut über das Berliner Geschehen informiert, in dem Fall aber besonders. Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zählt zu den engsten Vertrauten der Kohls. Er war 2008 Trauzeuge bei der zweiten Eheschließung, er informiert seit Kohls Tod quasi exklusiv aus dem berühmten Bungalow des Altkanzlers in Ludwigshafen-Oggersheim. So war via Bild zu erfahren, dass Kohl bis zum europäischen Trauerakt am 1. Juli in Straßburg dort jetzt im Wohnzimmer aufgebahrt liegt und dass eigens eine Kühlung für die Aufbahrung angeschafft wurde.

In Straßburg werden unter anderem der frühere US-Präsident Bill Clinton und der ehemalige spanische Ministerpräsident Felipe González sprechen. Auch Merkel darf eine Rede halten. Zunächst hatte es geheißen, Maike Kohl-Richter wollte auch dies verhindern und stattdessen den ungarischen Premier Viktor Orbán, einen Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik, für letzte Worte gewinnen. Doch Vertraute sollen sie dann vor einem Eklat gewarnt haben.

Mittlerweile lässt die Witwe durch ihren Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner den Gedanken an ein Ausbooten Merkels dementieren. Der Anwalt hat aber noch mehr zu sagen. Er wirft Kohls Sohn Walter vor, absichtlich einen Eklat inszeniert zu haben.

Hausverbot für den Sohn

Walter Kohl wollte diese Woche mit seinen beiden Kindern das Haus in Oggersheim betreten. Doch die Polizei verwies ihn mit dem Hinweis, er habe dort Hausverbot, des Grundstücks. Kameraleute filmten die Szene. Auch Kohls langjähriger Fahrer Seeber kam nicht bis ins Wohnzimmer, sondern musste auf Geheiß der Witwe im Flur umkehren. Das wusste die Bunte zu berichten.

An den Details für die Trauerfeierlichkeiten am 1. Juli wird noch gefeilt. Nach dem Zeremoniell in Straßburg soll Kohls Sarg dann nach seinem Willen per Schiff über den Rhein zur Totenmesse im Speyrer Dom gebracht werden – eine Anleihe an das Begräbnis des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer.

Auch dessen Leichnam wurde 1967 über den Rhein gefahren, Zehntausende säumten das Ufer. Kohl will nicht im Familiengrab in Ludwigshafen beigesetzt werden, sondern in Speyer. Zum Dom hat er eine besondere Beziehung, er versteckte sich dort als Kind vor Bombenangriffen und nahm später viele Staatsgäste mit dorthin. Außerdem liegen in Speyer vier Kaiser und vier Könige begraben. (Birgit Baumann aus Berlin, 22.6.2017)