Das Wasser wird zahlungsunfähigen Schuldern künftig nicht mehr so stark abgegraben wie bisher.

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Wien – Die heftigen Proteste der Wirtschaftskammer und Gläubigerschützer haben doch noch gefruchtet. Bei der Reform des Privatkonkurses wurde vor dem Beschluss am heutigen Mittwoch im Justizausschuss eine wichtige Änderung vorgenommen. SPÖ und ÖVP haben sich darauf geeinigt, die Dauer der Abschöpfung auf fünf Jahre zu verkürzen. Im Regierungsvorhaben waren noch drei Jahre vorgesehen.

In dieser Phase werden über das Existenzminimum hinausgehende Einnahmen zahlungsunfähiger Privater oder Unternehmer kassiert. Besser als die bestehende Regelung ist die Reform aus Schuldnersicht allemal. Derzeit zieht sich die Abschöpfung über sieben Jahre. Und: Nur wer mindestens zehn Prozent seiner Verbindlichkeiten abgestottert hat, steht finanziell wieder auf eigenen Beinen.

Laute Kritik

Diese sogenannte Restschuldbefreiung gilt künftig – in Kraft treten soll die Neuregelung mit 1. November – sogar dann, wenn gar keine Schulden bezahlt wurden.Vor allem die SPÖ hatte auf die Verkürzung auf drei Jahre gedrängt, die ÖVP akzeptierte die Maßnahme im Rahmen der Überarbeitung des Regierungsprogramms.

Allerdings war die Kritik an den Änderungen laut. Wirtschaftskammerpräsident Präsident Christoph Leitl kalkulierte reformbedingt einen Ausfall an Forderungen von 200 Mio. Euro im Jahr. Hans Georg Kantner, Insolvenzexperte beim Kreditschutzverein, sprach überdies von einer massiven Verteuerung von Krediten, weil Banken das höhere Risiko durch schlechtere Konditionen anpassen würden.

Kompromiss

In den Augen von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim bringt der Kompromiss immer noch deutliche Vorteile für Schuldner. Die Alternative wäre gewesen, die Restschuldbefreiung bei zehn Prozent zu belassen. Aber genau diese Anforderung stelle für sozial schwache Gruppen die größte Hürde dar. Um dies zu entschärfen, habe man der fünfjährigen Abschöpfung zugestimmt.

Zweite Änderung: Um die Missbrauchsanfälligkeit zu reduzieren, wurde eine Berichtspflicht für Schuldner verankert. Gläubiger sollen halbjährlich über die Bemühungen der insolventen Personen in Sachen Schuldentilgung informiert werden. Dabei wird laut Jarolim auch das Arbeitsmarktservice Auskunft geben, inwieweit Personen Jobangebote annehmen oder nicht.

Sein Vis-à-vis in der ÖVP, Michaela Steinacker, hält die in letzter Minute herbeigeführten Einschränkungen angesichts zahlreicher kritischer Stellungnahmen für "notwendig". Mit der Verlängerung der Abschöpfung gegenüber dem Entwurf des Justizministeriums auf fünf Jahre erhöhten sich die Chancen der Gläubiger, einen Teil ihres Geldes zurückzubekommen. (Andreas Schnauder, 20.6.2017)