Wer nicht gehen will, muss bleiben: Deragh Campbell als ungebetener Gast in "Person to Person".

Foto: Defa

Wien – "Because she's nuts." Mancher braucht eben einen guten Grund, eine hübsche Frau nicht küssen zu wollen. Oder einen mindestens so guten wie sie, die als Partygast die Wohnung des Gastgebers trotz mehrfacher Aufforderung nicht mehr verlassen will. Aber warum sollte die Unbekannte, die bei ihm morgens auf dem Fußboden aufwacht, eigentlich nicht bleiben? Und an wessen Seite findet man sich in Person to Person von Dustin Guy Defa wieder?

Mit einer knappen halben Stunde ist diese pointierte Miniatur ohne konventionelle Pointe eine von Defas längeren Kurzfilmen. Zu sehen ist sie heute, Dienstag, im Rahmen eines dem New Yorker Filmemacher gewidmeten Abends im Wiener Filmcasino. Defa, der erst vor wenigen Wochen in Sundance seinen zweiten Langfilm präsentierte, beweist mit seinen unkonventionellen Erzählungen jedenfalls stets eine Vorliebe für das Unberechenbare.

In Dramatic Relationships etwa bricht er Dreharbeiten zu "dramatischen Beziehungsszenen" mittels Regieanweisungen auf undramatische Weise herunter. In seinem frühen Footage-Film Family Nightmare, einer Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte, bilden die erschütternden Schlusstitel mit der im Film eingesetzten Verfremdung des Originaltons eine bittere, unheilvolle Allianz.

Sprechen als Selbstvergewisserung

Das Sprechen und die Sprache sind in diesen Filmen, in denen die Einflüsse der Independentszene rund um Joe Swanberg dezent nachklingen, stets Ausdruck einer Selbstvergewisserung. Die bemerkenswerte Eigenständigkeit von Defas Filmen rührt aber nicht zuletzt von seiner Liebe zum Analogen: Gedreht auf 16 mm, erinnern sie in ihrer Rauheit an das US-Kino der 1970er-Jahre, erfüllt von einem improvisatorischen Atem. So wie in Review, in dem eine Frau ihren Freunden von einem Film über einen New Yorker Taxifahrer erzählt – ohne jemals den Titel zu nennen. Wer also hat Cybill Shepherd ins Pornokino eingeladen? (Michael Pekler, 19.6.2017)