"Verpflichtende Ausschreibungen machen den Schienenverkehr in Österreich nicht automatisch besser oder billiger", sagt der Obmann des Fachverbandes Schienenverkehr.

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Wien – Die Novelle des Vergaberechts und insbesondere die Streitfrage, ob Schienenpersonenverkehrsleistungen künftig dem Ausschreibungsgebot unterliegen sollen, fördern ungewöhnliche Allianzen zutage. Wie beim Gewerberecht, dessen Reform Wirtschaftskammer und ÖGB unter Verweis auf die Kollektivvertragshoheit verwässert wurde, ziehen Kammer und Dienstleistungsgewerkschaft Vida auch beim Vergaberechtspaket an einem Strang und plädieren für die Beibehaltung von Direktvergaben.

"Verpflichtende Ausschreibungen machen den Schienenverkehr in Österreich nicht automatisch besser oder billiger", stellte Thomas Scheiber, Obmann des Fachverbandes Schienenverkehr, am Sonntag in einer gemeinsamen Aussendung mit der Dienstleistungsgewerkschaft Vida fest. "Ganz im Gegenteil: Wir wollen nicht, dass es am Ende des Tages nur mehr einen Wettbewerb um attraktive Strecken gibt und weniger gewinnbringende im wahrsten Sinn des Wortes auf der Strecke bleiben", warnt Scheiber.

Das von der ÖVP geforderte Aus der Direktvergabe bedeutet, dass Bahnen aus dem EU-Binnenmarkt am Wettbewerb teilnehmen und die Chancen der ÖBB, als Exmonopolist weiterhin im Auftrag der Republik zu fahren, schwinden. Ob die vergleichsweise kleine private Westbahn gegen Konzerne wie Transdev (ehemals Veolia) oder Deutsche Bahn Chancen hätte, ist fraglich.

Sorge vor Sozialdumping

Kämen ausländische Anbieter zum Zug, "wird Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor geöffnet", befürchtet Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit, zugleich ÖBB-Konzernbetriebsratschef. Nur eine Direktvergabe – an die ÖBB, versteht sich – sichere 50.000 Arbeitsplätze bei Österreichs Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Heute, Montag, zu Mittag kommen Verhandler von Nationalrat, Bundeskanzleramt und Wirtschaftsministerium zu einer "informellen Runde" im Parlament zusammen. (ung, 19.6.2017)