Köln – In Deutschland gerät der Islamverband Ditib gerät wegen seiner Absage an die Antiterrordemonstration am Samstag in Köln immer stärker in die Kritik. Dass Ditib nicht an der Kundgebung teilnehmen wolle, sei "einfach schade", sagte der Sprecher der deutschen Bundesregierung, Steffen Seibert, am Freitag in Berlin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüße es "sehr, dass Muslime und ihre Freunde an diesem Samstag ein klares Zeichen gegen Gewalt und Terrorismus jeder Art setzen wollen", so Seibert.

Kritik der SPD

Familienministerin Katarina Barley (SPD) erklärte, Ditib tue sich "mit der Absage keinen Gefallen". Sie halte es "für unverzichtbar, in Zukunft einen stärkeren Dialog mit nichtreligiösen Migrantenverbänden zu führen". Diese müssten "wir stärken und ganz selbstverständlich als Teil unserer Zivilgesellschaft verstehen".

"Der Verband stellt sich selbst mit dieser Haltung noch weiter ins Abseits", sagte die Integrationsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er drohe "vollends seine Glaubwürdigkeit zu verspielen".

Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion/Diyanet Isleri Türk Islam Birligi) hatte die Demonstration als "eine öffentliche Vereinnahmung und Instrumentalisierung" bezeichnet und eine Teilnahme abgesagt. Muslime würden mit der Demonstration gegen den Terror stigmatisiert und der internationale Terrorismus auf sie verengt.

Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga sagte zudem der "Bild"-Zeitung laut einer Vorabmeldung vom Freitag, er halte Demonstrationen im Fastenmonat Ramadan für unangebracht: "Ramadan ist für mich wie Weihnachten – in dieser Zeit stehen Spiritualität und Frömmigkeit im Vordergrund."

Grünen-Chef: "Vertane Chance"

Grünen-Chef Cem Özdemir sprach von einer "vertanen Chance für die Türkisch-Islamische Union". Es sei ihm "schleierhaft, dass Ditib diese Möglichkeit nicht nutzt, um ein klares Signal des Zusammenhalts zu senden", sagte er der "Berliner Zeitung".

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) bekräftigte seinen Aufruf zur Teilnahme an der Demonstration. Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek wandte sich aber auch dagegen, muslimische Verbände, die sich dem Aufruf nicht anschlössen, als "die Bösen" abzustempeln. Es heiße Demonstrationsrecht und nicht "Pflicht", hob er in Berlin hervor.

Unterstützt wird die Demonstration zudem von der Türkischen Gemeinde, aber auch von christlichen Gruppen, deutschen Parteien und zahlreichen Einzelunterzeichnern. (APA, AFP, 17.6.2017)