Bukarest/Wien – In Rumänien droht die Regierung dem Polit-Poker zwischen dem sozialdemokratischen Premier Sorin Grindeanu (PSD) und seinem Parteichef Liviu Dragnea zum Opfer zu fallen. Die Sozialdemokraten haben am Mittwoch der eigenen Regierung das Vertrauen entzogen. Der Premier sprach von einer "öffentlichen Hinrichtung" und verweigerte erneut seinen Rücktritt.

Offiziell wirft ihm Dragnea schlechte Regierungsarbeit vor. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner, der Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE), sei die PSD bereit, eine neue Regierung zu bilden. Die jetzigen Minister hinterließen bei der Parteisitzung ihre Rücktrittserklärungen.

Streit um Korruptionsbekämpfung

Beobachter führen die Querelen allerdings auf Dragneas Absichten zurück, im Eigeninteresse in die Justizgesetzgebung einzugreifen. Dem verhinderten Premier – Dragnea konnte aufgrund einer Vorstrafe wegen Wahlbetrugs nicht selbst Regierungschef werden – droht eine Verurteilung in einem weiteren Verfahren. Gleich nach der Amtseinführung hatte die PSD-Regierung Maßnahmen ergriffen, die auf eine kaum verhüllte Straffreiheit für korrupte Politiker abzielten, nach Massendemonstrationen aber zurückgenommen werden mussten. Grindeanu hatte sich bezüglich erneuter Versuche in diese Richtung zögerlich gezeigt und erklärt, dass er "der Regierung Rumäniens und nicht der Regierung des Exekutivkomitees der Partei" vorstehe.

Weil Präsident Klaus Iohannis betonte, dass ein Vertrauensentzug der eigenen Partei keinen gesetzlichen Grund für die Absetzung einer Regierung darstelle, will die PSD laut Medienberichten nun am Montag einen Misstrauensantrag einbringen. Die Opposition fordert Neuwahlen.

Schatten der Vergangenheit

Das ohnehin angeschlagene Ansehen der PSD droht indes weiter Schaden zu nehmen. Ihr Altpräsident Ion Iliescu, Staatschef der ersten Stunde, wurde für die gewalttätigen Ausschreitungen der Bergleute, die im Juni 1990 in Bukarest eine friedliche Demonstration niedergeknüppelt hatten, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. (Laura Balomiri, 15.6.2017)