Bild nicht mehr verfügbar.

Emmanuel Macron mit Anhängern beim Arc de Triomphe in Paris.

Foto: Reuters/Platiau

Ich gebe zu: Ich bin ein "macroniste" – einer von jenen, die sich vom neuen französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron begeistern lassen. Seine Mischung aus pro-europäischer Weltoffenheit, marktwirtschaftlichem Denken, sozialem Gewissen, einer liberalen Gesellschaftsvision und ganz großem politischem Talent gibt all jenen Hoffnung, die sich weder im konservativen noch im traditionell sozialdemokratischen Lager zu Hause fühlen.

Wäre ich Franzose, könnte ich dieser Tage viel jubeln. Aber wir leben in Österreich, und hier gibt es keinen Macron, sondern nur eine bevorstehende Nationalratswahl, bei der sich mehrere Politiker gerne von seinem Erfolgsrezept etwas abschauen wollen. Aber bei welcher Partei findet ein typischer Macron-Wähler die größte Übereinstimmung?

FPÖ, nein danke – die Grünen vielleicht

Die FPÖ mit ihrem EU-feindlichen, nationalistischen und antiaufklärerischen Programm kann man gleich einmal ausschließen. Auch wenn die Partei gelegentlich wirtschaftsliberale Töne anschlägt, kann man sich gewiss sein, dass sie bei etwas Gegenwind sofort umschwenkt und alle noch so sinnlosen staatlichen Eingriffe verteidigt.

Vom Lebensgefühl her sind die Grünen von der Macron-Partei "La République en Marche" gar nicht so weit entfernt: urban, tolerant und zukunftsorientiert. Doch im politischen Programm ist vor allem in der Wirtschaftspolitik die gemeinsame Schnittmenge zu klein.

Kerns Parteiballast

Bundeskanzler Christian Kern hat im Auftreten und seiner Rhetorik so manche Ähnlichkeit mit Macron, und sein Plan A liest sich nicht so anders wie die französischen Reformpläne. Doch anders als Macron ist er Teil einer sozialdemokratischen Partei, die Umverteilung als Selbstzweck sieht und sich gegen Veränderungen ständig wehrt. Wer die Abschaffung der kalten Progression verhindert, weil man für die Nichtsteuerzahler noch etwas herausschlagen will, oder wer die Anhebung des Pensionsantrittsalters blockiert, der ist von Macron zu weit entfernt.

Konservativer Kurz

Bei diesen Fragen ist ÖVP-Chef Sebastian Kurz schon eher auf Macron-Kurs. Aber auch bei ihm passt so vieles nicht. Sein Ruf nach radikalen Steuersenkungen ohne glaubwürdige Gegenfinanzierung ist eher den Trump-Republikanern abgeschaut. Und in der Gesellschaftspolitik ist Kurz bei allem türkisen Getue ein rückwärtsgewandter Konservativer – siehe sein Nein zur Ehe für alle oder sein Bremsen bei der Gesamtschule.

Ein Macron ohne Tiefgang

Und dann gibt es die Neos, deren Programm weitgehend dem von Macron entspricht. Ihr Parteichef Matthias Strolz gibt sich ähnlich jung und dynamisch. Doch ihm gehen jene Ernsthaftigkeit und jener intellektuelle Tiefgang ab, die Macron in kurzer Zeit vom Parteirebellen zum angesehenen Staatspräsidenten gemacht haben. Er muss ja nicht das Zeug zum Kanzler haben, aber selbst als Minister ist Strolz manchmal schwer vorstellbar.

Was dem Austro-Macronisten bleibt, ist Ratlosigkeit – und dies wohl bis zum 15. Oktober. (Eric Frey, 15.6.2017)