Lidija Lalicic will via Facebook, Instagram & Co den Ideenreichtum von Touristen anzapfen.

Foto: Modul University

Wien – Früher war es der Diaabend. Zurückgekehrte Urlauber zeigten den mehr oder minder beeindruckten Freunden, was sie gesehen, was erlebt haben. Das ist jetzt anders. Heute erzählen Touristen von ihrer Reise, während sie unterwegs sind – in Echtzeit sozusagen. Auf Instagram, Facebook oder Flickr lässt sich dabei ein weit größeres Publikum erreichen, als es im Wohnzimmer vorm Projektor jemals Platz hatte.

Social Media verändert aber nicht nur die Dokumentation der Reisen. Die Informationen, die die Touristen online zur Verfügung stellen, beeinflussen auch, wie ein Urlaubserlebnis verkauft werden kann. "Die Menschen sammeln mit ihren Smartphones Informationen über ihre Reisevorlieben. Wir haben diese Daten. Warum nutzen wir sie also nicht, um die Tourismusbranche zu verändern?", fragt Lidija Lalicic, Assistenzprofessorin am Department für Tourismus und Service-Management der Modul-Universität, einer Privatuni der Wirtschaftskammer Wien.

Lalicic hat ihre Dissertation über die Innovationsmöglichkeiten im Tourismusbereich geschrieben, die durch Social Media ermöglicht werden. Die nahe Maastricht aufgewachsene Niederländerin ist die erste Studentin, die das 2013 an der Modul-Universität ins Leben gerufene Doktoratsprogramm für Betriebswirtschaft und Sozioökonomie abgeschlossen hat. Für ihre Dissertation wurde sie auf der ITB Berlin, der weltweit größten Touristikmesse, mit dem ITB Science Award 2017 ausgezeichnet.

"Fotos und andere Medien, die über eine Reise-App upgeloadet werden, erzählen oft eine ganz andere Geschichte als die Tourismusorganisationen", gibt Lalicic ein Beispiel. Diese Daten könne man nutzen, um eine Destination besser kennenzulernen und besser zu bewerben. Das Wissen und der Ideenreichtum der Konsumenten sollen angezapft werden, um neue Marketingstrategien zu entwickeln.

Gerade die Schnelllebigkeit der neuen Medien birgt große Anforderungen für die Vermarkter. "Unternehmen müssen flexibel sein und schneller auf Kundenwünsche reagieren können, um erfolgreich zu sein", sagt Lalicic. "Es reicht nicht mehr aus, eine Zielgruppe als ,50, weiblich, gebildet' zu definieren. Big-Data-Analysen können Fragen nach dem Verhalten der Zielgruppen viel besser beantworten." Unternehmen sollen auf diese Art treffsicher die richtigen Reisealternativen bieten können.

Die Tourismusforscherin ist nach ihrer Dissertation an der Modul-Universität geblieben. Neben ihrer Lehrtätigkeit arbeitet sie hier unter anderem am Projekt Smart City Hospitality (Scithos) mit. Darin sollen Strategien für nachhaltigen Tourismus in den Städten der Zukunft gefunden werden, die Probleme wie die Übervölkerung der Stadtzentren oder Umweltbelastungen abmindern sollen.

Dass das Reisen in Lalicics Leben eine große Rolle spielen würde, kündigte sich bereits früh an. Schon mit ihren Eltern ist sie viel unterwegs gewesen. Ihr Studium führte sie nicht nur in mehrere niederländische Städte, sondern auch nach Dänemark, Slowenien, Spanien und schließlich nach Österreich. Sie spricht mittlerweile fünf Sprachen. "Tourismus war das Erste, was mir damals einfiel", sagt Lalicic über den Beginn ihrer Karriere. (Alois Pumhösel, 18.6.2017)