Im Frühjahr erhoffte sich die SPD bei den Wahlen im Bundesland Saarland einen kräftigen Zugewinn. Vor der Wahl kündigten die Sozialdemokraten daher an, eine Koalition mit der Linken und den Grünen anstreben zu wollen: Rot-Rot-Grün also.

Ergebnis: Die SPD erlitt eine krachende Niederlage. Die angestrebte Koalition mit der Linkspartei, die extreme Positionen vertritt, war vielen potenziellen SPD-Wählern ein Gräuel.

Schwenk nach Österreich: Der burgenländische Landeshauptmann Niessl, ein Fan der FPÖ, möchte, dass die SPÖ sich vor der Wahl im Oktober auf eine Koalition mit der FPÖ festlegt. Am besten mittels einer Mitgliederbefragung vor der Wahl, die vermutlich eine Mehrheit für eine rot-blaue Koalition ergeben würde.

Das ist politisch verrückt. Es gibt genug potenzielle SPÖ-Wähler, für die die FPÖ ein absolutes No-Go ist. Die Sozialdemokraten könnten die Hoffnung auf einen ersten Platz vergessen, wenn sie sich von Niessl in eine solche Festlegung hineinhetzen lassen.

Der SPÖ-Parteivorstand am Mittwoch soll diese und andere Fragen im Zusammenhang mit dem Verhältnis zur FPÖ klären. Die logische Vorgehensweise wäre, den "Kriterienkatalog" vorzustellen, der die Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit allen Parteien festlegen soll. Wenn man Kanzler Kerns Mitteilung ernst nimmt, dass da drinstehen soll, die SPÖ werde nicht mit Parteien zusammenarbeiten, die "gegen Menschen und Minderheiten hetzen", wird es schwierig.

Dann sollte man erklären, dass eine etwaige Mitgliederbefragung über eine Koalition erst nach der Wahl und nach erfolgreich abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen stattfinden soll. Wenn überhaupt. Denn am besten sollte die SPÖ diese bescheuerte Fixierung auf Rot-Blau vergessen.

Sondern sich auf die eigenen Stärken besinnen und vor allem darauf, am Wahltag die Nummer 1 zu werden. Die Konjunktur bessert sich deutlich, mit Kanzler Kern hat die SPÖ einen Mann der sozialen Marktwirtschaft. Was man vom Wirtschaftsprogramm des Sebastian Kurz weiß, klingt interessant für Wirtschaftsliberale, läuft aber jedenfalls auf drastische Ausgabenkürzungen hinaus.

Überdies geben realistische SPÖ-Funktionäre mit Naheverhältnis zu Christian Kern zu bedenken: Wenn die SPÖ nicht Nr. 1 wird, ist sie weg vom Fenster, dann kommt Schwarz-Blau. Wenn sie es aber bleibt und Sebastian Kurz damit automatisch seinen Superstar-Status verliert, weil er es eben nicht geschafft hat, obwohl er alle Freiheiten bekommen hat – dann ist wieder vieles offen.

Natürlich kann es dann trotzdem Rot-Blau werden – mit einem anderen FPÖ-Obmann. Aber das muss man dann durchziehen und nicht jetzt wie gebannt auf die FPÖ starren (eine solche Koalition wird trotzdem schiefgehen, wie noch jede Koalition mit der FPÖ schiefgegangen ist – 1983-86 Rot-Blau und 2000-2006 Schwarz-Blau; aber das ist eine andere Geschichte). Wenn die SPÖ nach der Wahl glaubt, ohne FPÖ nicht auskommen zu können, so wird sie das auf eigenes Risiko tun. Sich jetzt festzulegen ist Selbstbeschädigung. (Hans Rauscher, 13.6.2017)