Rom – Das Scheitern der geplanten Wahlrechtsform versetzt Italien in politisches Chaos. Die stärksten Parteien im Parlament werfen sich gegenseitig vor, den Gesetzesentwurf zur Einführung eines neuen Wahlsystems versenkt zu haben. Da sich die Gruppierungen über ein neues Wahlgesetz nicht einigen können, gelten vorgezogene Parlamentswahlen im Herbst als unwahrscheinlich.

Eigentlich hatten sich die Demokratische Partei (PD) um Ex-Premier Matteo Renzi, die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die konservative Forza Italia von Silvio Berlusconi und die rechte Lega Nord auf ein Wahlgesetz nach deutschem Vorbild mit einer Fünf-Prozent-Sperrklausel geeinigt. Die Verabschiedung der Wahlreform hätte den Weg zu vorgezogenen Parlamentswahlen im September oder Oktober ebnen sollen.

Mehrere um ihre gut dotierten Mandate bangende Parlamentarier wehren sich gegen Neuwahlen und wollen ein reguläres Ende der Legislaturperiode im Februar 2018. Sie nutzten Geheimabstimmungen in der Abgeordnetenkammer aus, um gegen die Wahlrechtsreform zu stimmen.

Verrat

Renzis PD und die Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo beschuldigten sich gegenseitig des Verrats. Noch unklar ist, wie es jetzt mit der Wahlrechtsreform weitergehen soll. Eine Änderung des Wahlrechts gilt als Voraussetzung für Neuwahlen. Das derzeit gültige "Italicum" gilt nur für das Abgeordnetenhaus und nicht für den Senat.

Die Parteien wollen jetzt Beratungen über das Wahlgesetz auf die kommende Woche verschieben. Am Sonntag sind Kommunalwahlen geplant, zu denen neun Millionen Italiener in 1.005 Gemeinden aufgerufen sind. Gewählt wird unter anderem in Großstädten wie Genua, Palermo, Parma, Padua und Verona. Die Kommunalwahlen gelten für die Parteien als Test vor den Parlamentswahlen.

Premier Paolo Gentiloni hofft auf einen Amtsverbleib bis zum Ende der Legislaturperiode. Die Regierung habe Verpflichtungen, die sie erfüllen wolle, erklärte der Premier. Auch Finanzminister Pier Carlo Padoan meinte, die Regierung solle im Amt bleiben, weil noch einige Reformen verabschiedet werden müssen. (APA, 9.6.2017)