Wien – Österreichische Unternehmen stecken für den Bau neuer Werke oder Kooperationen mit Partnerfirmen einen geringeren Teil ihres Geldes in Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas und setzen stattdessen lieber auf Asien, vor allem China.

Auch wenn Österreich bei ausländischen Direktinvestitionen für die osteuropäischen EU-Staaten der drittwichtigste Partner nach den Niederlanden und Deutschland ist, in Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina sogar der Investor Nummer eins, nahm der Anteil der Region an den gesamten Auslandsinvestitionen österreichischer Unternehmen von 46 Prozent im Jahr 2012 auf nur noch 31 Prozent 2016 ab. Das geht aus den jüngsten Daten des FDI-Berichts – FDI steht für Foreign Direct Investments – des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche hervor.

Insgesamt haben die ausländischen Direktinvestionen in Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas 2016 stark angezogen, davon profitierten besonders Tschechien und Ungarn. Gegenüber 2015 legten FDI im CEE-Bereich um 45 Prozent zu. Als Hauptantriebskräfte macht Studienautor Gabor Hunya das anziehende Wirtschaftswachstum in diesen Ländern und für die EU-Mitgliedstaaten in dem Gebiet auch die erhöhten Transferleistungen aus, die nun etwas zeitverzögert die Direktinvestitionen antreiben.

Gegen den Trend

Damit entwickelt sich Mittel-, Ost- und Südosteuropa gegen den globalen Trend. Laut Zahlen, die die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Uno (Unctad) am Mittwoch veröffentlichte, gingen die ausländischen Direktinvestitionen nämlich im Vorjahr weltweit um zwei Prozent auf einen Gesamtwert von 1,55 Billionen Euro zurück. Einzig China trat nicht auf die Bremse, erhöhte seine Direktinvestitionen im Ausland massiv um 44 Prozent und ist damit auf Platz zwei der globalen Großinvestoren. Ganz vorne bleiben weiterhin die USA, die minimal weniger investierten.

Innerhalb des untersuchten Gebiets im aktuellen FDI-Bericht gibt es große regionale Unterschiede. Der Aufschwung an Direktinvestionen betrug in Osteuropa 23 Prozent, in den GUS-Staaten und der Ukraine 150 Prozent, auf dem Westbalkan hingegen gingen die FDI um sieben Prozent zurück, in der Türkei um 30 Prozent. Im Schnitt mehrerer Jahre gebe es aber auch bei den Verlierern des Jahres 2016 einen positiven Trend, erklärt Hunya, zu den hohen Zuflüssen aus den Jahren vor der Finanzkrise werde man aber nicht zurückkehren können. Die politisch unruhige Lage und die damit verbundenen Investitionsrisiken in Ländern wie der Türkei, Moldawien, der Ukraine und Mazedonien lassen für die kommenden Jahre zudem mehr Zurückhaltung bei FDI erwarten.

Der größte Investor 2016 in Mittel-, Ost- und Südosteuropa waren die Niederlande – auch wenn dieses Ergebnis wegen der internationalen Konstrukte von Konzernen, die über Holdings in den Niederlanden, Luxemburg und anderen Steueroasen fiskalische Vorteile für sich ausnutzen, mit "Vorsicht zu genießen" sei, sagt der Studienautor.

Stabiler Partner, aber nicht sehr wichtig

Gerade die EU-Staaten Osteuropas und Teile des Weltbalkans sind wichtige Ziele für die Auslagerung von Produktions- und Dienstleistungsaktivitäten, Unternehmen sehen steigende Löhne und regionalen Arbeitskräftemangel in dem Bereich nicht als Hemmschuh für weitere Investitionen. Die Lohnunterschiede zu Deutschland und Österreich bleiben für die Produktionsverlagerung immer noch interessant, Hunya rechnet hier auch mit einer weiterhin wachsenden Investitionstätigkeit in den kommenden Jahren.

Bei den sogenannten Greenfield-Projekten, zum Beispiel dem Neubau einer Fabrik, gelten österreichische Firmen als zwar stabile, aber auch nicht sehr wichtige Investoren in Osteuropa. Mit 43 Projekten für das Jahr 2016 siedelt sich Österreich laut FDI-Bericht auf Platz neun an. Zu den größten Investoren zählten der Holzverarbeiter Egger, der in Russland eine Fabrik errichtete, und die Immofinanz mit Einkaufszentren in Polen. (Daniela Rom, 8.6.2017)