Ein Bild aus besseren Zeiten: Die damalige Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) präsentiert die Schulreform mit Harald Mahrer (ÖVP), damals Staatssekretär, heute Wissenschaftsminister.

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Wien – Eine Einigung bei der Bildungsreform ist seit Mittwoch noch weiter in die Ferne gerückt. Bei der Parlamentssitzung wurde das zwischen SPÖ und ÖVP ausverhandelte Gesetz zur Ausweitung der Schulautonomie nicht eingebracht. Laut ÖVP-Obmann Sebastian Kurz fehlt die nötige Zweidrittelmehrheit. Die Reform wird bereits seit Jahren verhandelt. DER STANDARD liefert eine Chronologie der Ereignisse:

Juni 2014: Die damalige Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) richtet eine Beamtengruppe ein, die ein Papier zur Reform der Schulverwaltung ausarbeiten sollen. Vier Experten nominiert der Bund, vier die Länder.

Oktober 2014: Eine politische Bund-Länder-Gruppe für die Ausarbeitung der Reform wird eingesetzt. Mit dabei sind Heinisch-Hosek, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ), Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (beide ÖVP). Dazu kommen die roten Landeshauptleute Hans Niessl und Peter Kaiser sowie ihre schwarzen Pendants Erwin Pröll und Wilfried Haslauer.

März 2015: Die Expertengruppe auf Beamtenebene stellt ihr Papier fertig. Darin steht unter anderem, dass Schulen künftig ein Viertel der Lehrpläne selbst wählen sollen. Der Tagesablauf sowie die Öffnungszeiten und Unterrichtszeiten sollen ebenfalls flexibilisiert werden. Die Abschaffung von Doppelgleisigkeiten in der Schulverwaltung wird empfohlen. Die Regierung setzt sich das Ziel, eine Einigung auf eine Reform am 17. November 2015 zu präsentieren.

Juli 2015: Pröll und Niessl verlassen die politische Bund-Länder-Gruppe. Begründung: Es gehe nichts weiter. Die Gruppe tagt aber weiter, statt Pröll kommt der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, statt Niessl der Wiener Bürgermeister Michael Häupl.

November 2015: Heinisch-Hosek und Mahrer präsentieren die Eckpunkte der Reform. Mahrer bezeichnet diese als "fast geil". Kommen soll unter anderem: ein bundeseinheitlicher Qualitätsrahmen für den Kindergarten, ein Bildungskompass für Dreieinhalbjährige, eine gemeinsame Schuleingangsphase von Kindergärten und Volksschulen, bedarfsorientierte Schulöffnungszeiten, ein Zusammenschluss von Schulen in Clustern und Bildungsdirektionen in der Schulverwaltung. Auch die Modellregion zur Gesamtschule – gegen die sich die ÖVP aktuell wehrt – ist Teil des Pakets. Damals hieß es, dass Modellregionen nur Teile eines Bundeslands umfassen, in keinem Land sollten mehr als 15 Prozent aller Schulstandorte der jeweiligen Schulart beziehungsweise aller Schülerinnen und Schüler beteiligt sein.

Mai 2016: Bundeskanzler Werner Faymann tritt zurück. Der neue SPÖ-Chef Christian Kern tauscht auch die Bildungsministerin aus. Das Amt übernimmt die ehemalige Universitätsrektorin Sonja Hammerschmid.

Juni 2016: Erste Teile der Schulreform werden im Parlament beschlossen. Die Schuleingangsphase kommt, ebenso die alternative Leistungsbeurteilung in der Volksschule. Das Sitzenbleiben bis zur dritten Volksschulklasse wird zur Ausnahme.

Oktober 2016: Mahrer und Hammerschmid präsentieren ihre Ideen zur Ausweitung der Schulautonomie. Bis zu acht Schulstandorte sollen sich zu einem Cluster zusammenschließen können, die Klassenschülerhöchstzahl von 25 Kindern fallen. Die Direktoren bekommen mehr Einfluss auf die Auswahl der Lehrer an ihrem Standort.

März 2017: Das Gesetz zur Schulautonomie geht in Begutachtung. Die Eckpunkte seien "nicht verhandelbar", richtet Hammerschmid den Lehrergewerkschaftern aus.

Mai 2017: Reinhold Mitterlehner tritt als Vizekanzler und ÖVP-Chef zurück. Sebastian Kurz übernimmt die ÖVP und kündigt die Koalition mit der SPÖ auf, Neuwahlen für den 15. Oktober werden beschlossen. Nach mehreren Verhandlungsrunden einigen sich Bildungsministerium und Gewerkschaft auf die Reform. Details dazu sind bisher nicht genannt worden. Die offizielle Bestätigung der gewerkschaftlichen Gremien steht bis heute aus.

Juni 2017: Die Regierung braucht für die Reform der Schulautonomie eine Zweidrittelmehrheit und damit die Stimmen von Grünen oder FPÖ. Die Grünen wollen, dass die zuvor geplanten Modellregionen zur Gesamtschule noch im Gesetz verankert werden, die FPÖ will Extraklassen für Schüler mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen. Am 2. Juni berichteten Verhandler von einer Einigung zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen.

Demnach soll die Gesamtschule in 15 Prozent der Schulen in ganz Österreich getestet werden dürfen, wenn Lehrer, Eltern und Schüler zustimmen. Das Land Vorarlberg, das sich einen solchen Versuch wünscht, hätte demnach die Gesamtschule als ganzes Bundesland einführen können. Das wäre mit der früheren Einigung zwischen SPÖ und ÖVP nicht möglich gewesen. Kurz sagt am 7. Juni in einem Interview mit der "ZiB 2", dass es diese Einigung mit der ÖVP nicht gebe. Er präferiere einen Beschluss mit der FPÖ. (Lisa Kogelnik, 8.6.2017)