Bild nicht mehr verfügbar.

Eon, das unter anderem das Kernkraftwerk Unterweser bei Esensham betrieben hat, zählte zu den Klägern.

Foto: dpa

Erfreut war man am Mittwoch nach dem Richterspruch im Hause von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht. "Wir sind erstaunt, dass das Bundesverfassungsgericht ohne mündliche Verhandlungen zu seiner Erkenntnis kam", erklärte Schäubles Sprecher Jürg Weißgerber. Aber natürlich werde der Bund den vor Gericht siegreichen Atomkonzernen das Geld zurückzahlen: 6,3 Milliarden Euro plus Zinsen.

Die Summe will Schäuble aus dem laufenden Haushalt begleichen, und sein Sprecher stellte schon einmal klar: "Wir werden das stemmen. Ein Nachtragshaushalt ist nicht notwendig, die schwarze Null steht." Und dennoch: Das Urteil in seiner Eindeutigkeit hat das deutsche Finanzministerium kalt erwischt.

145 Euro pro Gramm Plutonium

Es geht um das Kernbrennstoffsteuergesetz aus dem Jahr 2010, das 2011 in Kraft trat. Beschlossen worden war es von der schwarz-gelben Regierung aus Union und FDP, um den Haushalt zu konsolidieren und die Sanierung des maroden Atomlagers Asse (Niedersachsen) zu finanzieren. Die Steuer wurde für die Branchenriesen RWE, Eon und EnBW (Energie Baden-Württemberg) bei jedem Wechsel von Brennelementen fällig. Zu zahlen waren 145 Euro pro Gramm Plutonium und Uran. Das Ganze deklarierte die schwarz-gelbe Koalition als "Verbrauchersteuer".

2011, nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima, leitete Deutschland dann den früheren Atomausstieg ein und traf mit den AKW-Betreibern neue Vereinbarungen. Doch die Steuer auf Brennelemente blieb, befristet bis zum Jahr 2016, bestehen. Das passte den Atomkonzernen nicht, sie zogen vor Gericht und argumentierten, sie seien gegenüber anderen Stromerzeugern, die eine solche Steuer nicht zahlen müssten, finanziell benachteiligt.

Steuer nichtig

Der Streit landete vor mehreren Gerichten, die Entscheidungen fielen unterschiedlich aus. Nun sprach Karlsruhe das letzte Wort und erklärte die Steuer für nichtig. Begründung: Der Bund habe nicht das Recht gehabt, diese Steuer überhaupt einzuführen. Denn wer welche Steuern in Deutschland erheben darf, ist in der Finanzverfassung penibel festgelegt. Der Gesetzgeber kann nicht irgendwelche Steuern erfinden, sondern darf nur solche einführen, für die es schon einen sogenannten "Typusbegriff" (wie eben Verbrauchersteuer, Straßenverkehrssteuer, Kapitalverkehrssteuer) gibt.

Bei den Energieriesen herrschte nach dem Urteil Feierstimmung, die Aktien von RWE schossen um 6,3 Prozent auf 19,70 Euro in die Höhe. Damit notierten sie so hoch wie seit knapp zwei Jahren nicht mehr. Eon-Papiere legten 5,6 Prozent auf ein Zehn-Monats-Hoch von 8,50 Euro zu. Die SPD sagt über die Niederlage: "Sie ist das Ergebnis des Chaos, das Union und FDP in der Atompolitik angerichtet haben." (Birgit Baumann aus Berlin, 7.6.2017)