Neu-Delhi – Wieder hat ein Vergewaltigungsfall in Indien Entsetzen ausgelöst – diesmal ist auch noch das Baby des Opfers getötet worden. Der genaue Hergang wird noch ermittelt. Die Polizei bestätigte bisher den Tod des Kindes durch Kopfverletzungen und die Vergewaltigung nach einer medizinischen Untersuchung der Frau.

Diese junge Mutter hatte angegeben, drei Männer hätten sie in einer fahrenden Autorikscha in der Stadt Gurgaon missbraucht und ihre neun Monate alte Tochter aus dem Fahrzeug geworfen. Das sagte der Polizeichef des Vorortes der Hauptstadt Neu Delhi, Sandeep Khirwar, und bestätigte damit örtliche Medienberichte.

Die Täter waren am Dienstag noch auf freiem Fuß. Ein Sonderermittlungsteam suchte laut Khirwar nach ihnen. Der Vorfall ereignete sich bereits in der vergangenen Woche. Die Frau, deren Alter die Polizei mit Anfang 20 angab, meldete aber zunächst nur den Tod ihres Kindes und erst später die Vergewaltigung.

Fünf Jahre bis zur Verurteilung

Dass es bisher keine Festnahmen gab, ist nach Ansicht von Ranjana Kumari, Aktivistin und Chefin des Centre for Social Research in Indien, typisch. "Wie sollen Verbrechen verhindert werden, wenn die Täter wissen, dass ihnen nichts passiert." Selbst in dem bisher aufsehenerregendsten Fall einer Gruppenvergewaltigung habe es fast fünf Jahre, bis zum Mai dieses Jahres, gedauert, bis der Oberste Gerichtshof die Todesstrafen der Täter bestätigte.

Damals, im Dezember 2012, war eine Studentin in einem Bus in Neu Delhi von sechs Männern vergewaltigt worden und später an ihren Verletzungen gestorben. Kurz nach der Tat hatte es in Indien noch nie da gewesene Proteste gegen sexuelle Übergriffe gegeben. Tausende Menschen belagerten Regierungsgebäude und verlangten strengere Gesetze. Im März 2013 wurden die Strafen für Vergewaltigungen tatsächlich verschärft. Zudem wurden zusätzliche Gerichte geschaffen, um Vergewaltigungsfälle schneller bearbeiten zu können.

Keine Verbesserungen bei Strafverfolgung

Allen Änderungen und Versprechen zum Trotz habe sich an der Strafverfolgung aber nichts grundlegend verbessert, sagte Kumari. "Die Polizei ist nicht gut darin, die Gesetze durchzusetzen." Die heutigen Regierungen Indiens sowie Delhis hätten im Wahlkampf 2014 mehr Sicherheit für Frauen versprochen, etwa durch Sicherheitskameras an öffentlichen Orten. Die Kameras funktionierten aber nicht – ebenso wenig die App "Himmat", die "mit viel Trara" vorgestellt worden sei. Damit können Opfer ihren Ort an die Polizei durchgeben. Die Polizei reagiere darauf aber häufig nicht, sagte Kumari.

Sexueller Missbrauch und auch Gruppenvergewaltigungen sind in Indien keine Seltenheit. Dass die Verbrechen bisweilen in der Öffentlichkeit stattfinden, ist nach Ansicht vieler ein Ausdruck von Straflosigkeit. Im aktuellen Fall wollte die junge Frau Medienberichten zufolge nach einem Streit zuhause mit der Autorikscha zu ihren Eltern fahren. Die gelbgrünen dreirädrigen Fahrzeuge sind in Indien eine allgegenwärtige und günstige Alternative zu Taxis. (APA, 6.6.2017)