Katars Emir, Tamim bin Hamad al-Thani, bei einem Treffen des Golfkooperationsrates. Die Stimmung gegenüber den Nachbarn war schon mehrfach schlecht – so schlecht wie heute aber noch nie.

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Doha/Kairo – Hunderte Passagiere konnten ihre Flüge nicht antreten. In Doha brach die Börse ein, und der Weltmarktpreis für Erdöl zog an: Die Auswirkungen des arabischen Boykotts gegen Katar waren sofort zu spüren. Unter der Führung von Saudi-Arabien und den Emiraten hatten am Montag auch Bahrain, der Jemen, Ägypten und die international nicht anerkannte Regierung im Osten Libyens alle Verbindungen zu Katar abgebrochen, später folgten die Malediven und Mauritius. Katar unterstütze terroristische und religiöse Gruppierungen, die die Stabilität untergraben wollten, darunter die Muslimbrüder, den IS und Al-Kaida. Zudem würden die Botschaften und Pläne dieser Gruppen permanent über seine Medien verbreitet, hieß es in der staatlichen saudischen Agentur SPA. Katar wurde auch unterstellt, von Iran gesteuerte Personen in der mehrheitlich von Schiiten bewohnten saudischen Ostprovinz Katif und in Bahrain zu unterstützen.

Den Diplomaten aus Katar wurden 48 Stunden eingeräumt, ihre Gastländer zu verlassen. Normale Bürger aus Katar haben dazu 14 Tage Zeit. Das Land wurde auch von der saudisch geführten Militärkoalition gegen die Huthi-Rebellen im Jemen ausgeschlossen. Häfen, Flughäfen und der Luftraum bleiben für Katar geschlossen, das damit nur noch aus Nordosten – also vom Iran, Irak und dem Meer kommend – erreichbar war. Am Montag herrschte vielerorts Chaos. Maschinen der Qatar Airways aus Doha konnten etwa in Kairo noch landen, weil die Flughafenverwaltung noch keine anderen Anweisungen hatte. Qatar Airways setzte bereits am Montag alle Flüge nach Saudi-Arabien aus, am Dienstag auch Flüge nach Bahrain, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die Isolierung des kleinen, reichen Golf-Emirats soll möglichst komplett sein, sogar Sponsorenverträge für eine saudische Fußballmannschaft wurden sistiert. In Doha soll 2022 die Fußball-WM stattfinden. Wie die Vorbereitungen durch die Isolierung tangiert werden, wird vor allem vor deren Dauer abhängen. Das Außenministerium in Doha hat alle Vorwürfe zurückgewiesen und sprach von einer Aufwiegelungskampagne, die auf Lügen beruhe. Mehrere Länder der Region, darunter die Türkei und Jordanien, haben zum Dialog aufgerufen. Der Emir von Kuwait, Sheikh Sabah Ahmad al-Jaber al-Sabah, will noch am Dienstag für Gespräche mit dem saudischen König Salman nach Riad reisen.

USA rufen zu Dialog auf

Die Arabische Liga fühlte sich nicht berufen, sich zu äußern. US-Außenminister Rex Tillerson erklärte am Montag in Sydney, der Streit würde den Kampf gegen islamistische Extremisten nicht tangieren. Washington habe seine Golfalliierten ermutigt, ihre Differenzen zu beseitigen. Präsident Donald Trump werde mit allen Beteiligten sprechen, um die Situation zu beruhigen, sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses in Washington. In Katar unterhalten die USA eine Basis.

Katar hatte in den letzten Jahren in vielen regionalen Konflikten versucht zu vermitteln und hatte nach dem Arabischen Frühling 2011 auch die Islamisten, vor allem die Muslimbrüder in mehreren Ländern, großzügig unterstützt. Verstimmungen mit den Golfnachbarn gab es deshalb in den vergangenen Jahren mehrmals. Einige Nachbarn hatten etwa im Frühjahr 2014 ihre Botschafter aus Doha abgezogen.

So umfassend wie dieses Mal war das Zerwürfnis aber nie. Seit dem Besuch Donald Trumps in Riad und seinem Frontalangriff auf den Iran vor zwei Wochen hatte sich der Streit hochgeschaukelt. Er wurde mit allen erdenklichen Mitteln geführt, der Fernsehsender Al Jazeera aus Doha und mehrere Webseiten wurden gesperrt. Beide Seiten hackten Webseiten und beschuldigten einander mit gefälschten Aussagen.

In Kairo war die unverhohlene Freude über die konzertierte Aktion besonders groß. Seit dem blutigen Sturz der Muslimbrüder im Sommer 2013 steht Katar auf der Liste der Staatsfeinde ganz oben. Viele Politiker äußerten sich deshalb am Sonntag lobend über die Isolierungsmaßnahmen und befanden, dass sei der erste konkrete Schritt des gemeinsamen Terrorkampfes, wie er am Gipfel in Riad beschlossen worden sei.

Allerdings muss sich die Regierung in Kairo auch vor Gegenmaßnahmen fürchten. Tausende Ägypter arbeiten im ressourcenreichen Golf-Emirat und senden viel Geld nach Hause. Was mit ihnen geschieht, ist noch völlig offen. Katarer sind auch zahlungskräftige Touristen und Geschäftsleute. (Astrid Frefel, 5.6.2017)