Hannes Androsch, Ex-Finanzminister, Unternehmer, SPÖ-Mitglied und Mitinitiator eines Bildungsvolksbegehrens, urgiert Reformen, die längst überfällig seien.

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Wien – Drei Fragen habe er an die Parteien, die bei der Wahl am 15. Oktober reüssieren wollen, sagt Hannes Androsch: Welche Maßnahmen sehen sie vor, damit Österreich von der Kriechspur wieder auf die Überholspur kommt, wo das Land schon einmal war. Wie sie die zunehmende Schieflage überwinden wollen, in der sich die öffentlichen Haushalte seit längerem befinden und die zunehmend krasser wird. Und schließlich, mit welchen konkreten Bildungsmaßnahmen man gedenke, die Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu überwinden.

"Der Souverän hat einen Anspruch darauf, konkrete Antworten zu bekommen, rechtzeitig vor der Wahl und nicht erst knapp davor oder gar erst hinterher", sagte Androsch am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Diese drei Themenkomplexe seien Dreh- und Angelpunkt für eine wirtschaftliche Gesundung des Landes und eine gute Positionierung für die Zukunft.

"Es muss uns erst schlechter gehen"

Androsch, selbst einmal der jüngste Finanzminister der Republik (in der Regierung Bruno Kreisky in den 1970er-Jahren), früherer CA-Chef, Unternehmer und nun unter anderem Aufsichtsrat beim Leiterplattenhersteller AT&S, bei dem er einer der Kernaktionäre ist, gibt sich aber keinen Illusionen hin. "Uns in Österreich geht es offenbar noch immer zu gut", sagt der frühere SPÖ-Politiker. "Es muss uns offenbar erst schlechter gehen, damit es uns wieder besser gehen kann." Denn die notwendigen Reformen von der Bildung über den Arbeitsmarkt bis hin zum Steuersystem würden seit Jahren gefordert – bisher ohne Erfolg. Nicht immer aber sei es die Schuld der Politik, dass nichts weitergeht.

"Die Gravitationszentren der Entscheidung liegen vielfach außerhalb der Regierung und des Parlaments, bei den Ländern, in der Landeshauptleutekonferenz, bei den Sozialpartnern und allen möglichen anderen Institutionen", so Androsch. Auf die Frage, welche denn die beste Regierungskonstellation nach der Wahl sei, um den Reformstau aufzulösen, antwortet er: "Da drängt sich nichts auf."

Abgrenzen ja, ausgrenzen nein

Über eine Koalition mit der FPÖ meint das SPÖ-Mitglied Androsch: "Seit 1986 ist meine Ansicht in dieser Frage unverändert. Man sollte sich zur FPÖ abgrenzen, sie aber nicht ausgrenzen. Es gibt Schnittmengen, auf Bundesebene auch einige Problembereiche." Das seien die Europafrage, die Frage der Menschenrechte und das Geschichtsbewusstsein. "Das ist, wenn Sie so wollen, mein persönlicher Kriterienkatalog." (Günther Strobl, 31.5.2017)