Wien schneidet in der Mobilitätsstudie von Greenpeace am besten ab.

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Graz/Wien – "Also, wirklich nachvollziehbar ist diese Studie nicht", reagiert man im Büro des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl ziemlich irritiert über eine für die steirische Landeshauptstadt vernichtende Mobilitätsstudie von Greenpeace.

Unter allen neun Landeshauptstädten schneidet Graz am schlechtesten ab, wenn Faktoren wie Luftqualität, Radverkehr, öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Fußgängerfreundlichkeit sowie alternativer Individualverkehr der Städte verglichen werden.

Die Bundeshauptstadt Wien rangiert in dieser aktuellen Greenpeace-Erhebung an erster Stelle – gefolgt von Bregenz und Eisenstadt. Wien ist laut Greenpeace somit die klimafreundlichste Stadt Österreichs. Graz hingegen hinkt in so ziemlich allen Kategorien nach und liegt abgeschlagen am letzten Platz. Im Bereich Radverkehr konnte eigentlich nur Wien punkten: Rund 48 Prozent des Straßennetzes sind hier bereits für das Rad ausgebaut. Auch die Anzahl der Citybike-Stationen konnte Greenpeace überzeugen.

Dennoch sollte das Bike-Sharing-Angebot in den Städten ausgebaut werden, rät Greenpeace. "Wenn man spontan einen Freund besuchen will oder raus ins Grüne möchte, kann ein Citybike ganz nützlich sein. Dann fällt es einem auch nicht schwer, auf das Auto zu verzichten", sagte Adam Pawloff, Klima- und Mobilitätssprecher von Greenpeace in Österreich.

Zweifel an Aussagekraft der Studie

Hier hakt Thomas Rajakovics, Sprecher des Grazer Bürgermeisters Nagl ein. Citybikes seien in Graz de facto kaum notwendig, zumal jeder Grazer Bewohner im Durchschnitt über eineinhalb Fahrräder verfüge. Dem pflichtet auch der Radexperte Wolfgang Wehap im Büro der Verkehrsstadträtin Elke Kahr bei. Der Versorgungsgrad in Graz mit Fahrrädern sei "sehr hoch", dies sei mit ein Grund, warum man in Graz das Citybike-Modell nicht weiterverfolgt habe. Die Platzierung von Graz als Schlusslicht sei allerdings tatsächlich nicht nachvollziehbar, da zwei Drittel des Grazer Straßennetzes – die Tempo-30-Zonen mitgerechnet – für den Radfahrverkehr nutzbar seien.

Stadträtin Kahr zweifelt zum Teil die Aussagekraft der Studie an: "Graz wird im Radverkehr weit hinter Wien gereiht, obwohl der Radverkehrsanteil doppelt so hoch ist. Dass in Sachen Luftqualität Handlungsbedarf besteht, ist aber unbestritten." Derzeit würden Modelle wie etwa ein autofreier Tag geprüft. In Graz liegen derzeit sowohl die Stickstoffdioxid- als auch die Feinstaubwerte weit oberhalb des EU-Grenzwerts. Eisenstadt hingegen verfügt laut Greenpeace-Studie über die beste Luftqualität.

"Dass die zweitgrößte Stadt Österreichs in diesem Zusammenhang etwa an Eisenstadt gemessen wird, kommt schon sehr dem Vergleich von Äpfel und Birnen gleich", kritisiert Thomas Rajakovics. In EU-Studien schneide Graz in Summe jedenfalls wesentlich besser ab. Auch der Vergleich mit Wien sei "unfair", zumal die Bundeshauptstadt über wesentlich mehr Mittel für den Verkehrsbereich verfüge.

Dennoch: "Es bleibt in den Landeshauptstädten viel zu tun. Vor allem Radwege, Fußgängerzonen, Tempo-30-Straßen und das Carsharing-Angebot müssen deutlich ausgebaut werden", fordert Adam Pawloff von Greenpeace. (Walter Müller, 30.5.2017)