Mazedoniens designierter Ministerpräsident Zoran Zaev beim Präsidenten (rechts) Gjorge Ivanov.

Foto: AFP/Atanasovski

Skopje – Mazedoniens designierter Ministerpräsident Zoran Zaev hat laut Medienberichten das Team seiner Koalitionsregierung zusammengestellt. Die Bewegung Besa, eine der drei Parteien der albanischen Volksgruppe, die zur neuen Parlamentsmehrheit gehören, ist nun doch nicht in der Regierung vertreten, will die Koalition aber im Parlament unterstützen.

Der frühere US-Botschafter Nikola Dimitrov soll Außenminister werden, kündigte der Sozialdemokrat Zaev auf einer Pressekonferenz an. Zaevs Parteifreunde Radmila Sekerinska und Oliver Spasovski übernehmen die Ressorts für Verteidigung und Inneres.

Vier Minister für Albaner-Partei DUI

Für die EU-Annäherung wird in der neuen Regierung Bujar Osmani von der Albanerpartei Demokratische Integrationsunion (DUI) zuständig sein. Diese stellt außerdem einen Vizepremier, insgesamt vier Minister. Die Allianz für die Albaner erhält die Ministerien für Gesundheit und Lokalverwaltung.

Die neue Regierung soll 25 Mitglieder haben, die Regierungspartner – Zaevs Sozialdemokratischer Bund (SDSM), die DUI von Ali Ahmeti und die Allianz für die Albaner von Zijadin Sela – kommen im Parlament auf eine knappe Mehrheit von 62 der 120 Sitze. Mit Besa haben sie 67 Sitze.

Parlamentssitzung

Zaev hat dem Parlament in der Nacht auf Montag sein Regierungsprogramm und die Ministerliste zugestellt. Parlamentspräsident Talat Xaferi hat für Dienstag die Parlamentssitzung einberufen, bei der bis spätestens Mittwochabend über das Regierungsteam abgestimmt wird. Für die Bestätigung der Regierung braucht es mindestens 61 Stimmen.

Der Regierungsbildung ist eine lange, schwere Staatskrise vorausgegangen. Zaevs Sozialdemokraten hatten der Siegerin der Parlamentswahl vom April 2014, der nationalkonservativen VMRO-DPMNE, die seit 2006 an der Macht war, Wahlmanipulation mit Wählerverzeichnissen vorgeworfen. In den Registern sollen sich hunderttausende Karteileichen befunden haben. Die Krise spitzte sich 2015 durch das Auftauchen zahlreicher Affären zu. Die Sozialdemokraten machten den nationalkonservativen Regierungschef Nikola Gruevski für die Wahlfälschungen, Korruption, eine Massenabhöraffäre und die Gängelung der Medien verantwortlich.

Zuletzt verschärfte sich die Lage nach der vorgezogenen Parlamentswahl im Dezember, auf die man sich auf EU-Vermittlung geeinigt hatte. Die Nationalkonservativen wurden zwar wieder stärkste Kraft, fanden aber keine Koalitionspartner mehr. Zaevs Sozialdemokraten schmiedete die neue Parlamentsmehrheit mit Parteien der albanischen Volksgruppe, der den Nationalkonservativen nahestehende Staatspräsident Gjorgje Ivanov verweigerte Zaev aber zunächst den Auftrag zur Regierungsbildung. Er stieß sich daran, dass die albanische Volksgruppe, die gut ein Viertel der Bevölkerung Mazedoniens stellt, unter Zaev größere Sprachenrechte erhalten soll.

Parlamentssturm

Als die neue Parlamentsmehrheit den Albaner Talal Xhaferi von der DUI, die davor Regierungspartnerin Gruevskis war, zum neuen Parlamentspräsidenten wählte, stürmten Anhänger der VMRO-DPMNE das Parlament. Gut 100 Personen wurden verletzt, darunter acht Abgeordnete. Ivanov lenkte danach auf Druck der USA und der EU schließlich ein und erteilte Zaev doch den Regierungsauftrag.

Ohne Immunität und Einflussmöglichkeiten müssen Gruevski und seine engsten Mitarbeiter Gefängnis fürchten. Ihnen werden von einer Sonderstaatsanwaltschaft schwere Kriminalität, Korruption, die Bespitzelung Zehntausender unbescholtener Bürger und die Gängelung von Medien und Justiz vorgeworfen. Gegen Gruevski und zehn weitere Funktionäre der Nationalkonservativen laufen bereits Ermittlungen rund um illegale Parteienfinanzierung, Geldwäsche und Amtsmissbrauchs. Zaev kündigte in der Nacht auf Montag an: Sollte die Sonderstaatsanwaltschaft auch gegen irgendein Mitglied seines Teams Ermittlungen aufnehmen, müsse es das Kabinett verlassen.

Die frühere jugoslawische Teilrepublik Mazedonien ist schon seit 2005 Beitrittskandidat. Bisher wurden aber keine Beitrittsverhandlungen aufgenommen. Hauptgrund ist der Streit mit dem EU-Mitglied Griechenland, das den Staatsnamen Mazedonien mit Blick auf die eigene Region Makedonien ablehnt und die Integration des Nachbarn in EU und Nato blockiert.

2001 war es in Mazedonien zu monatelanger Gewalt zwischen albanischen Rebellen und den Sicherheitskräften gekommen. Das von der EU vermittelte Ohrid-Abkommen setzte dem ein Ende, den Albanern wurden schon damals mehr Rechte eingeräumt. Albaner-Parteien waren seither sowohl für die Nationalkonservativen als auch die Sozialdemokraten Mehrheitsbeschaffer. (APA, 29.5.2017)