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Trump spricht mit Angela Merkel beim G7-Treffen in Sizilien.

Foto: AP Photo/Evan Vucci

Taormina/Washington – Die Blockade der USA hat einen umfassenden Plan von Gastgeber Italien und anderen G7-Ländern für eine bessere Bewältigung der Flüchtlingskrise zu Fall gebracht. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag auf dem Gipfel im italienischen Taormina auf Sizilien erfuhr, bestanden die US-Unterhändler darauf, stattdessen nur zwei Paragrafen in die Abschlusserklärung aufzunehmen, die Grenzsicherung und Sicherheitsaspekte hervorheben.

Am Samstag, dem letzten Tag des Treffen der sieben großen Industrienationen, ist der Gipfel mit einem Treffen mit Vertretern der afrikanischen Staaten Äthiopien, Kenia, Niger, Nigeria, Tunesien und Guinea zusammen, um über die Flüchtlingskrise und Hungersnöte in Afrika zu sprechen. Nach den Beratungen ist am frühen Samstagnachmittag die Veröffentlichung der gemeinsamen Erklärung vorgesehen, die ebenso umstrittene Themen wie Terrorbekämpfung, Klima und Handel umfasst.

Keine Verhandlungsbereitschaft der USA

G7-Präsident Italien hatte eigentlich eine Erklärung zu den positiven Aspekten und Chancen der Zuwanderung gemeinsam mit den G7-Partnern verabschieden wollen. Dabei sollte es auch um Rechte von Flüchtlingen und Schutz vor Ausbeutung gehen. Es war neben einer ebenfalls schon gescheiterten Initiative zur Ernährungssicherheit der zweite Kernpunkt der Präsidentschaft Italiens, das den Gipfelort in Sizilien gewählt hatte, weil dort die meisten Flüchtlinge ankommen.

"Wir sind uns bewusst, dass es mehr Frauen, Männer und Kinder als je zuvor gibt, die vor Konflikten, Katastrophen flüchten oder nach neuen Gelegenheiten suchen", hieß es in dem abgelehnten Papier. "Gut verwaltete Zuwanderung und Flüchtlingssysteme sind notwendig, um öffentliches Vertrauen wiederherzustellen und den Bürgern zu versichern, dass Unterstützung an jene fließt, die es wirklich brauchen."

Im Entwurf der Abschlusserklärung zu den Flüchtlingen heißt es auf Wunsch der USA jedeoch unter anderem: "Wir bestätigen die souveränen Rechte der Staaten, ihre Grenzen zu kontrollieren und klare Grenzen für die Zuwanderung zu setzen." Wie geschildert wurde, hätten die USA bisher auch keinerlei Verhandlungsbereitschaft gezeigt. "Nimm es, oder sonst machen wir nichts", hätten die US-Unterhändler gesagt, schilderten informierte Kreise.

Kritik durch Hilfsorganisationen

Entwicklungsorganisationen übten scharfe Kritik und warnten davor, den harten Text so aufzunehmen. "Das ist Erpressung", sagte Jörn Kalinski von der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Das ist Trampel-Trump." Es sei kontraproduktiv und führe "in eine Sackgasse von Hass, Ablehnung und Abgrenzung". Friederike Röder von ONE warnte davor, die beiden Paragrafen so aufzunehmen. "Wenn dieser kurzsichtige und repressive Text bestätigt wird, könnte die G7 ihre Glaubwürdigkeit als globale Führer verlieren." Sie hoffe, dass die G7 ein anderes Erbe wählt, "als Mauern um sich herum hochzuziehen". Angesichts alternder Gesellschaften der G7 sei Zuwanderung im eigenen Interesse.

Italienische Regierungskreise berichteten aber, dass die umstrittene Passage der USA doch in die Abschlusserklärung aufgenommen werde, und sprachen sogar noch von einem "guten Kompromiss". "Sie sollten sich schämen", sagte die Vertreterin einer Entwicklungsorganisation. "Vielleicht ist es ihnen lieber, etwas drin zu haben als gar nichts."

Entwicklungsorganisationen appellierten außerdem an die G7, mehr Finanzmittel für den aktuellen Kampf gegen Hunger bereitzustellen. "Die Kinder sterben jetzt", sagte Silvia Holten von World Vision. Die großen Industrienationen könnten nicht länger warten. "Es ist ein Desaster." Die Hilfsorganisationen fordern, dass der UN-Appell für den Kampf gegen die Hungersnöte in Höhe von 6,9 Milliarden US-Dollar auch erfüllt wird. Bisher liegen nur Zusagen über 30 Prozent vor.

Debatte um einzelne Handelszahlen

Daneben stehen beim Treffen der G7-Führer auch weitere Themenkomplexe auf der Agenda. Beim Vorgehen gegen Terror wird Konsens erwartet – insbesondere nach dem jüngsten Anschlag in Manchester und den Anschlägen auf Kopten in Ägypten. Die G7 wollen ihre Anstrengungen gegen Attentäter, deren Hintermänner und Unterstützer "verdoppeln".

Dagegen heißt es auch beim Streitthema Handel: Auf der einen Seite die USA und auf der anderen die restlichen sechs G7-Partner. Noch bemühen sich die Unterhändler, nicht allzu weit hinter frühere Gipfel-Erklärungen zurückzufallen. Auch wenn unisono die Vorteile fairen Handels hervorgehoben werden, dürften sich schon bei der Definition des Begriffs "Protektionismus" die Geister scheiden.

Ein Fortschritt wäre, wenn die G7 sich darauf verständigen, die Debatte nicht nur auf einzelne Handelszahlen zu beschränken. Am Ende könnte es wieder eine eher nichtssagende Formulierung geben wie zuletzt bei den Treffen der Finanzminister der G7 und der G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer: "Wir arbeiten daran, den Beitrag des Handels für unsere Volkswirtschaften zu stärken."

In Ferne dürfte eine Übereinkunft beim Thema Klima gewandert sein. Trump wollte sich offiziell nicht festlegen, ob die USA aus dem Pariser Abkommen von 2015 aussteigen werden oder nicht. Alle anderen G7-Länder haben nach Aussage von Kanzlerin Angela Merkel intensiv auf Trump eingeredet, an Bord zu bleiben. "Die Vereinigten Staaten von Amerika haben deutlich gemacht, dass sie ihre Entscheidung noch nicht getroffen haben und jetzt hier auch nicht treffen werden, sondern weiter daran arbeiten. Aber die Argumente sind sehr intensiv ausgetauscht worden", drückte es Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Fernsehkameras am Rande des Gipfels diplomatisch aus. (APA, dpa, red, 27.5.2017)